Montag, 4. August 2008

Es liegt etwas in der Luft

Da Drakensang natürlich nicht perfekt ist ... so sind zB. die Einstellungsmöglichkeiten für die Graphik ein wenig spärlich und das Kameraverhalten ist zwar nicht ganz so grauenvoll wie bei NWN 2, aber alles andere als gelungen ... habe ich mich die Tage über auch in den offiziellen Foren herumgetrieben.

Dabei ist mir bewusst geworden, dass in Punkto Kopierschutz-Diskussion und DRM und *kreisch* Raubkopien ein ganz erheblicher Bewusstseinswandel stattgefunden hat.

Vor ein paar Jahren noch, ist man gerade in offiziellen Foren von fanatischen Zeloten geradezu niedergebrüllt worden, wenn man auch nur den Hauch von Kritik an Kopierschutz-Systemen gebracht hat, kurz bevor der Thread vom Moderator gesperrt und oft genug auch gelöscht wurde. Zum Beispiel in den Jowood-Foren vor einigen Jahren, als man jedes meiner Themen in Windeseile gesperrt hatte, weil ich ein Problem mit dem Kopierschutz von Spellforce 1 hatte und Hilfe suchte. Zuvor wurde ich natürlich ausgiebigst als Raubkopierer, also als Existenzform vom Range eines Pickels an einem Schneckenarsch, beschimpft und beleidigt. Weil es keine Probleme mit dem Kopierschutz gibt und jeder, der solche Probleme hat, natürlich nur seine raubkopierte Kopie nicht zoggen kann, der Spack, ey!! Support wurde dann verschämt mit PMs und Mails abgewickelt. In der Öffentlichkeit wurde versucht, dieses Thema entweder nicht an die Oberfläche dringen zu lassen und wenn man diese Probleme nicht mehr länger ignorieren konnte, wurden sie kleingeredet und heruntergespielt.

Jetzt jedoch, jetzt hat sich da etwas verändert. Die Propaganda verfängt nicht mehr so gut wie früher. Mehr und mehr Leute haben scheinbar erkannt (oft genug aufgrund eigener Erfahrungen), dass a) Kopierschutzsysteme der letzte Dreck sind und dem Käufer keinen Nutzen bringen, b) dass man Kopien sowieso nicht verhindern kann, c) dass Kopien kein Diebstahl sind und dass schlussendlich d) das von der Industrie immer gerne benutzte Argument von potentiellen Umsatzausfällen eben nur ... potentiell ist und nicht unbedingt etwas mit der Realität zu tun haben muss. Und sie halten mit dieser ihrer Meinung natürlich nicht hinter dem Berg, sondern geben ihr klar und deutlich Ausdruck, ohne dass die Diskussion über solche Themen sofort erstickt wird. Mitunter kann man zwischen den Zeilen von Offiziellen und/oder Support-Mitarbeitern auch stillschweigende Zustimmung erkennen.

Und das ist nicht nur im Anaconda-Forum der Fall. Das ist mittlerweile, zu meinem großen Erstaunen, sogar bei Jowood der Fall, wo zT. sehr offen und unbeschwert darüber diskutiert wird, wie und wo man Hilfe finden kann, um die Kopierschutz-Probleme diverser Jowood-Titel zu beheben. Vor allem in den Unterforen zu älteren Titeln schaut scheinbar kein Moderator mehr vorbei. Oder es gibt hierzu vielleicht gar keine expliziten Arbeitsanweisungen mehr?

Selbst bei Kotaku.com, einer der letzten sicheren Häfen für dreihundertprozentige Anhänger der Todestrafe bis in die vierte Generation für Urheberrechtsverletzungen (wobei ich ich manche Leser meine und ausdrücklich NICHT die Autoren), werden in den Kommentaren immer öfter Stimmen laut, welche all die bekannten "Argumente" und "Tatsachen" in Frage stellen.

Es liegt etwas in der Luft ... und ich verstärke meine Behauptung, dass spätestens unsere Enkel nur noch aus wirtschaftshistorischen Lehrbüchern etwas über die Urheberrechtskriege vom Anfang des Jahrtausends erfahren werden. Weil das Thema dann durch ist und sich die wirtschaftlichen Strukturen schlussendlich den Gegebenheiten des Digitalen Zeitalters angepasst haben. So wie jedes Mal, wenn soziale und technische Neuerungen alte Strukturen auflösen und überflüssig machen.

Bis dahin werden wir aber aufpassen müssen, dass diese komischen, sog. "bürgerlichen Freiheitsrechte" nicht als Kollateralschaden des Kampfes der Medienkonzerne gegen den unvermeidlichen Wandel auf dem Scheiterhaufen landen. Denn deren Vorstellungen von Kontrolle über den Austausch digitaler Inhalte sind nur umsetzbar, wenn man Privatsphäre und Unschuldsvermutung und die für eine lebendige Demokratie unbedingt notwendigen Freiräume abschafft. Somit findet die Unterhaltungsindustrie ihre natürlichen Verbündeten bei all den Herrschenden, die dieses komische Internet eh für eine Erfindung des Teufels halten, weil auch sie keine Kontrolle mehr ausüben können. Eine zumindest in meinen Augen höchst gefährliche Mischung und Verquickung von wirtschaftlichen Partikularinteressen mit dem Machterhaltsstreben bestimmer Eliten.

Jemand, der darüber aber sehr viel mehr weiß, ist Rick Falkvinge, Gründer der schwedischen Piratenpartei, während eines Vortrages im Rahmen von Googles TechTalk-Veranstaltung:


via videosift.com