Dienstag, 6. März 2007

Savepoints - Ein faule Ausrede für faule Gamedesigner

Savepoints ... für denen einen etwas ganz normales. Für den anderen (wie zB. mich) Grund für Hautausschlag und Blutdruckanstieg. Was Konsoleros als etwas ganz selbstverständliches betrachten, gilt bei PC-Nerds oft als Sakrileg, als Zwangsjacke und verhasstes Korsett.

Ich möchte diesen Unterschied für's Erste aussen vor lassen (über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten) und mich zuerst den Ursprüngen des Savepoint-Systems widmen. Savepoints gab es nämlich zu Anfang des Videospieles gar nicht. Das Konzept des Savegames als solches war (noch) nicht vorhanden.

Zum einen aus technischen Gründen. Festplatten befanden sich entweder noch im Laborstadium oder waren schlichtweg viel zu teuer, um in Homecomputern oder Arcademaschinen verbaut zu werden. RAM/ROM-Bausteine waren ebenso teuer, konnten nur wenige KB fassen und waren eh bis zur Kapazitätsgrenze mit den Spieldaten geladen. Weil es ja keine Festplatten gab.

Zum anderen aus spieltechnischen Gründen. Frühe Videospiele hatten nur ganz einfache Spielziele. Erziele den Highscore! Überlebe! Erziele einen noch höheren Highscore! Gespielt wurde das alles auf einen Rutsch, der je nach Talent, Geduld und Erfahrung entweder nur fünf Minuten oder gar einige Stunden andauerte. Schon relativ früh wurden aber die Highscores nach dem Ende des Spieles gespeichert, welche der Spieler mit seinen Initialen verknüpfen konnte.

Später wurden Spiele komplexer, die Spieldauer länger (während die Hardware aber immer noch relativ primitiv blieb), so dass man per Eingabe eines Codes zu einem bestimmten Spielabschnitt springen konnte, um nicht jedes Mal wieder ganz von vorne zu beginnen. Aber noch galt die Regel des Permadeaths nach Beenden des Spieles oder Ausschalten des Gerätes, da ausser Highscores keine Daten über den Spielfortschritt dauerhaft abgelegt wurden.

Soweit mir das bekannt ist, konnten erst mit dem NES von Nintendo Spielstände dauerhaft in einen via Batterie gepufferten RAM-Baustein aufbewahrt werden. Und mit dem Durchbruch der Festplatte und des Personal Computers, den ständig fallenden Herstellungskosten für Festplatten und RAM-Bausteinen wuchs auch der dem Entwickler zur Verfügung stehende Platz, um Spieldaten ablegen zu können. Die Festplatte blieb jedoch lange Zeit nur dem PC vorbehalten. Da man bei Konsolen aus Kalkulationsgründen auf diese Hardware verzichtete, entwickelten sich dort um das technische Prozedere des Ablegens von Spieledaten im relativ kleinen und begrenzten Raum eines RAM-Modules ganze Gameplay-Elemente und Spielprinzipien. Es wurde aus der Not eine Tugend gemacht. Auf dem PC bestand diese Notwendigkeit jedoch nicht. Spieldaten konnten jederzeit und nur in Abhängkeit von der Größe der Festplatte auch in beliebiger Zahl abgelegt werden. Dem Spieler selbst war es in den meisten Spielen freigestellt, wie oft und wo er speichern wollte.

So, und jetzt sind wir in der Gegenwart angelangt. Festplatten gibt es seit der XBOX auch für Konsolen, die Festplattengröße und -leistung verhält sich schon seit einer Weile umgekehrt proportional zum Preis. Speicher (selbst RAM) ist kein Problem mehr. Und dennoch kann ich in kaum einem modernen Konsolenspiel frei speichern. Ich finde Savepoints immer wieder in PC-Spielen. Es gibt keinerlei technischen Schranken mehr. Warum, wieso dann immer noch Savepoints?

Anmerkung: Ich beziehe mich hier nur auf SP-Spiele. Es ist klar, dass sich dies bei MMORPGs und anderen Multiplayer-Spielen ein wenig anders verhält.

Drei Gründe ...

1. Der Spieler ist das so gewohnt. Und da der Mensch ein Gewohnheitstier ist, wird hier nach Möglichkeit nicht vom einmal eingeschlagenen Pfad abgewichen. Weder von Spieler- noch von Entwicklerseite.

2. Spielzeitverlängerung. Krassestes Beispiel hierfür ist Sudeki für XBOX und PC. Sudeki hat nur Spielinhalte für etwa 4 Stunden. Also platzieren die Entwickler die wenigen, spärlichen Savepoints möglichst weit von den zT. höllisch schweren Boss-Fights entfernt, damit man a) möglichst lange wieder zur Kampfarena zu Laufen hat und b) natürlich alle "normalen" Kämpfe auf dem Weg zum Boss-Fight erneut führen darf. Die durchschnittliche Spieldauer wird dadurch locker verdoppelt.

3. Gimmicks und spezielle Gameplay-Features. Doch nur wenige Entwickler geben sich die Mühe und binden Savepoints so in das Spiel ein, dass diese das Spiel mit zusätzlichen Inhalten und Features erweitern. So bin ich bei Chrono Trigger fast vor Schreck vom Stuhl gefallen, als ein Savepoint, den ich gerade noch benutzen wollte, plötzlich meine Party angegriffen hat. Und je kreativer Savepoints in ein Spiel eingebunden werden, desto weniger Vorbehalte habe ich gegen sie.

Punkt Drei ist aber leider, leider die Ausnahme statt die Regel. Savepoints haben heute in erster Linie nur noch die Funktion einer künstlich herbeigeführten Spielzeitverlängerung. Savepoints nerven daher. Ganz, ganz gewaltig! Und ganz besonders nerven Savepoints bei PC-Spielen.

Und noch mehr nervt das immer wieder vorgebrachte Argument, Savepoints würden ein Spiel anspruchsvoller und schwerer machen. Freies Speichern würde nur dazu führen, dass sich jedes Weichei durch ein Spiel "saven" kann. Liebe Savepoint-Verfechter, werte Gralshüter des "Ich bin ein ganz harter Kerl, weil ich Spiel XYZ auf Ultra gezockt habe!" ... Jungs, ihr habt keine Ahnung! Ihr lügt Euch selber was vor, ihr hängt einer liebgewonnenen Lebenslüge an! Savepoints machen ein Spiel nicht schwerer. Sie machen es nur länger! Rückschlüsse auf ein unbewusstes Kompensationsverhalten bez. der Länge männlicher primärer Geschlechtsorgane erspare ich mir an dieser Stelle ...

Nehmen wir zB. Final Fantasy IV. Da trifft man so in der Mitte des Spieles auf Beigan. Den ersten, schwierigen Zwischengegner. Es ist daher vollkommen normal, wenn man diesen Kampf mehrmals führen muss, da man erst im Laufe der Zeit herausfindet, wie man diesen Gegner bekämpfen kann. Also lädt man den letzten Savepoint, latscht aus der Höhle, um den Burggraben herum ins Schloss, läuft dort einige Treppen rauf und runter, führt einen längeren Dialog und ERST DANN beginnt der Kampf. Diese Vorgeplänkel ist nicht abkürzbar. Ich muss es jedes Mal "durchleiden", wenn ich einen neuen Versuch starte Beigan zu bekämpfen. Der eigentliche Kampf gegen ihn wird dadurch aber überhaupt nicht beeinflusst. Dieser Kampf bleibt immer gleich schwierig, ob ich nun erst minutenlang durch die Weltgeschichte düse oder kurz vor Beginn des Kampfes losziehe. Wie also sollen Savepoints ein Spiel schwieriger machen? Savepoints beeinflussen NUR und AUSSCHLIESSLICH die Spieldauer. Sonst nix!

Und daher lasse ich als einziges Argument pro Savepoints gelten: Es gefällt mir aber so besser! Das ist ok, denn jeder wie er mag. Und noch besser wäre es, wenn man dem Spieler freistellen würde, wie er spielen möchte. So ein kleiner Schalter in den Optionen. Savepoints An/Aus.

Wäre das nicht was tolles, liebe Entwickler und Gamedesigner? Ist ja nicht so, dass dies technisch unmöglich wäre. Anachronox und Daikatana lassen den Spieler das Savegame-System frei wählen. Sogar Sacred, als typischer Diablo-Klon, bringt es fertig, dass ich frei speichern und laden kann. Warum also weiterhin diese Zwangsjacke?