Samstag, 10. März 2007

Eine ruhige Minute ...

... Sonne, warm, draussen sitzen, feines Buch lesen, Hefekaltschale schlürfen, sich nicht über die unsäglich schwachsinnigen Äusserungen des CEO von ID Software zum Thema "Spiele-Piraterie" aufregen.

Buch beiseite legen, doch über diese Äusserungen nachdenken, Sonne hilft beim Entspannen, auch durch Nachdenken werden sie nicht sinniger oder gar richtiger.

"Piracy has pushed id as being multiplatform", Todd Hollenshead's rationale is that console piracy is, by a large factor, minimal relative to the rampant PC piracy.

Jaja, die phöse, phöse "PC Piracy". Er erwähnt in einem anderen Interview auch die enorme Summe von 3 Billionen Dollar Schaden durch Internet-Piraterie. Schrecklich, nicht?

Ich darf an dieser Stelle Mr. Hollenshead nur auf den Umstand hinweisen, dass ich als Student Doom und Quake zuerst als *kreisch* Kopie hatte und erst dann mir käuflich erworben hatte, als ich auch das Geld dafür hatte? Dass ich seitdem jedes Spiel von ID Software BLIND gekauft habe, obwohl ich es leichtens auch als Kopie hätte haben können. Dass ich erst mit dem Doom3-Debakel doch lieber zuerst ein Spiel komplett unter die Lupe nehme, BEVOR ich es kaufe.

All das könnte ich Mr. Hollenshead sagen. Ich könnte es aber auch sein lassen und vollkommen entspannt dabei zusehen, wie sich zusehends die Spiele-Industrie aus Kopier-Paranoia und Umsatz-Panik nur noch Konsolenspielen und MMOGs zuwendet. Ich werde dann entspannt zusehen, wie Publisher um Publisher Abermillionen in MMOGs versenkt, die niemand spielen will. Übrigens eine Entwicklung, die bereits jetzt schon abzusehen ist, da die Flopp-Rate von MMOGs mittlerweile so hoch ist, dass sich Interessenten für ein derartiges Spiel eher dem riesengroßen WoW zuwenden, als Geld und Zeit in ein Spiel zu stecken, welches nach einem Jahr wieder eingestampft wird.

Ich werde dann entspannt zusehen, wie dank Internetanschluss miserable Releasequalität und Patch-Chaos auch auf den Konsolen Einzug halten werden, da der Kostendruck auf Publisher und Entwickler selbstverständlich bei diesen Plattformen nicht verschwindet. Ganz im Gegenteil, dank Internetanschluss kann man sich teure QA-Nacharbeit und verlängerte Entwicklungskosten sparen, das Teil (wie beim PC) als Beta auf den Markt werfen und dann die Kosten für die Fixes durch die bereits eintreffenden Umsätze finanzieren.

Ich werde dann entspannt zusehen, wie sich die Spiele-Branche langsam selbst strangulieren wird. Man wird in ein, zwei Jahren massiv gegen den Gebrauchthandel mit Spielen vorgehen, weil immer mehr Leute auf den Trichter kommen, dass es doch besser ist später nur 20 Euro für ein mittlerweile gefixtes Spiel auszugeben, anstatt 40 Euro beim Release für Softwaredreck. Die "Schäden", die der Branche dabei entstehen, gehen nämlich weit über das hinaus, was die Internet-Piraterie jemals angeblich anrichten könnte. Die großen Handelsketten wie BestBuy und kleinen Spezialgeschäfte verdienen heute mit Gebrauchtspielen deutlich mehr, als mit dem Verkauf neuer Spiele. Es ist sogar ein überlebenswichtiger Umsatzposten geworden, denn NUR mit dem Verkauf von Neuspielen kann man als Händler heute nicht mehr existieren. Dies ist Publishern und Entwicklern ein Dorn im Auge. Deswegen wird man verstärkt auf Steam-ähnliche Vertriebsplattformen setzen und den Kunden hier mit technischen Maßnahmen und AGB-Passagen den Weiterverkauf verbieten.

Doch wie man bereits am vergeblichen Kampf der MAFIA (Music and Film Association) sehen kann ... der Kunde möchte sich nur ungern zu etwas zwingen lassen.

Aber das kann mir egal sein ... die Sonne scheint, ich schlürfe draussen im Warmen kühle Hefekaltschale und lese ein gutes Buch. Und wenn ich denn Lust auf ein Spiel habe, habe ich zu Hause die Auswahl aus einem mehrere tausend Titel umfassenden Archiv aus den letzten 15-20 Jahren PC- und Konsolengeschichte. Wäre ich ein TopDog der Spielebranche, ich würde als nächstes DOS- und Konsolen-Emulatoren zur Jagd freigeben ... ;)

Edit: Da fällt mir ja noch der allerwichtigste Punkt ein. Es würde mir zwar sehr schwer fallen, ohne Spiele zu leben, doch ich würde es hinbekommen. Ist ja nicht lebenswichtig, nur ein schönes, liebgewonnenes Hobby. Aber ich bin mal gespannt, wie es die Spieleindustrie hinbekommt, ohne das Geld der Kunden zu überleben ... hmmmm ...

Edit 2: Auch stellt sich mir die Frage ... Wie konnte man es bei ID Software bloß schaffen, zu einem der wohlhabensten und bedeutensten Entwicklerstudios aufzusteigen, wenn doch die PC Piracy so arg rampant ist? Tja, zuviel Geld macht definitiv dumm, arrogant und überheblich.

Edit 3: Man sollte hierbei auch nicht unerwähnt lassen, dass die Umsätze von Doom3 hauptverantwortlich für den seinerzeit besten Quartalsabschluss des Publishers Activision waren.

Ganz ehrlich, Todd, wer hat Dir denn ins Hirn geschissen? Was redest Du da für einen erbärmlichen Unfug?