Retro-Impressionen: Lands of Lore 2
Es gibt da ein Spiel, welches ich seit jetzt knapp 10 Jahren immer mal wieder heraushole, weil ich es ENDLICH zu Ende bringen möchte. So etwa alle anderthalb Jahre. Das macht nach Adam Riese in etwa sieben Versuche. Sieben mal installierte ich das Spiel. Sieben Mal durchstreifte ich vergnüglich dichte Dschungel und düstere Gräber. Sieben Mal versuchte ich (und jetzt die Ironie der ganzen Geschichte) laut Story einen Fluch von dem zu spielenden Charakter zu nehmen, der mich in seinen Auswirkungen bislang sieben Mal dazu gebracht hat, das Spiel vorzeitig wieder zu beenden. Weil ich jedes Mal an einem Punkt ankomme (fast immer die gleiche Stelle), an dem ich maßlos angenervt das Handtuch werfe und den Karton bereits zum siebenten Male wieder in die hintersten Ecken des Regales packe. Nein, nicht weil es zu schwer wäre. Oder Savepoints meinen Hals anschwellen lassen ;) Nein, weil sich eine an sich nette Gameplay-Idee als kompletter Rohrkrepierer entpuppte.
Doch der Reihe nach. Die Rede ist von "Lands of Lore 2 - Guardians of Destiny", dem Nachfolger des wunderbaren "Lands of Lore - Throne of Chaos", welches neben Ultima Underworld und Ultima VII Serpent Isle zu den von mir am meisten geschätzten Rollenspielen zählt.
LoL2 (eine selten dämliche Abkürzung, ich weiß) gehörte also zu den Spielen, die nicht nur von mir sehnsüchtigst erwartet wurden. Ganze vier Jahre musste ich jedoch warten, da inzwischen diese komische Erfindung namens Graphik-Beschleuniger heftigste Wellen in der Branche schlug und es sich eigentlich kaum ein Studio leisten konnte danach ein Spiel OHNE Graphik-Beschleunigung auf den Markt zu bringen. Also setzten sich die Mannen bei Westwood nochmals hin und pfropften der Software-Engine des eigentlich fertigen Spieles noch eine D3D-Unterstützung auf. Was heute recht simpel klingt, war damals auf Grund der Neuartigkeit dieser Hardware noch eine etwas größere Sache, so dass sich der Release des Spieles deutlich nach hinten schob.
Doch dann war es soweit. Ein Mammutwerk von Rollenspiel wurde auf uns losgelassen. Vier CDs randvoll mit Texturen, digitaler Musik und prächtigen Rendervideos. Bei LoL2 wurde nicht gekleckert, nicht geklotzt, sondern ein Multimedia-Overkill zelebriert, der damals (1997) eigentlich nur von der Wing Commander-Serie übertroffen wurde.
Das Spiel setzte die Geschichte des ersten Teiles fort und schilderte die Nöte von Luther, Sohn der Hexe Scotia, die uns im ersten Teil der LoL-Serie das Leben schwer gemacht hatte. Luther erhielt von seiner Mutter die mächtige Gabe der Formwandlung, welche er aber leider nicht kontrollieren konnte und so ein recht "beschauliches" Leben in den Kerkern von Gladstone führte, bis ihm die Flucht gelang und er sich aufmachte diesen Fluch von sich nehmen zulassen.
LoL2 setzte die Tradition des Vorgängers fort und bot simples, eingängiges und einsteigerfreundliches RPG-Gameplay, verpackt in wunderschöne Graphiken und angereichert durch eine in diesem Genre selbst heute immer noch recht selten anzutreffende Prise feinen Humors. Mir persönlich wurde der traditionelle Rollenspielaspekt zu sehr versteckt, da das Spiel ausser dem Namen eines Gegenstandes (Waffe, Rüstung, Amulett oder magisches Element) nichts preisgab und man per Try&Error sich selbst zusammenraten musste, welche Wirkung welcher Gegenstand hatte. So konnte es vorkommen, dass man zT. wertvolle und mächtige Artefakte, zT. sogar unabdingbar notwendige Quest-Gegenstände einfach wegwarf, weil das Spiel keinen Hinweis darüber ausspuckte, was dieses Teil denn bewirken sollte. Es sei denn, man hatte per glücklichen Zufall in genau dem richtigen Moment den Gegenstand im richtigen Kontext eingesetzt. IMHO eine mittlere Design-Katastrophe. Aber das war noch zu verschmerzen, da das Gameplay, das Spiel als solches sehr spassig und unterhaltsam war.
Luthers Gestaltveränderungen ermöglichten als schnelle, kleine Eidechse das Vordringen in vorher unerreichbare Regionen, somit das Aufspüren wertvoller (?) Items und als langsames, mächtiges, starkes Biest das sorgenfreie Durcheinanderwirbeln großer Gegneransammlungen. So die Theorie. Und zumindest am Anfang hat das auch geklappt, da das Spiel diese zufälligen Gestaltveränderungen nur spärlich auslöste und meist an Orten, wo man sich dann nach einer Anwendungsmöglichkeit für jeweiligen spezifischen Fähigkeiten umsah oder man in der Nähe eines engen Schachtes stand, der geradezu perfekt für die Eidechsen-Form war.
Später jedoch, so in den Ruinen der Drakoidenstadt war dann Schluss mit lustig. Die Gestaltwandlungen erfolgten in so kurzen Abständen, dass ein planvolles Spielen nicht mehr möglich war. So setzte die Verwandlung vom doch recht kampfstarken Menschen zur schwächlichen Echse gerne mitten im Kampf gegen starke Gegner ein. Oder man wollte gerade ansetzen, um einen Zauberspruch loszulassen, als sich das starke, aber magielose Biest meldete und man dann warten musste, bis die Verwandlung vorbei war. Oder man war gerade als kleine Echse in einem engen Gang unterwegs, als die Verwandlung rückgängig gemacht wurde und der Char als Mensch in dieser winzigen Röhre natürlich zu Tode gequetscht wurde. Oder man stand zT. minutenlang vor einem spieltechnisch wichtigen Durchgang und konnte diesen nicht passieren, weil das Biest zu groß war. Oder, oder, oder ... dieser Fluch, der das Gameplay im Grunde um einige nette Ideen erweitert hatte, entwickelte sich wirklich zu einem verflucht beschissenen Feature, welches nur noch nervte. Es gab zwar im Spiel einen Zauber, der diese Verwandlungen unterdrücken konnte, doch zum einen war es sehr leicht diesen Zauber zu übersehen, bzw. nicht zu bekommen und zum anderen wirkte er nur in den zwei Sekunden der Metamorphose.
Sprich, hektisches Klicken, um die Verwandlung in Situationen abzubrechen, in denen man eh schon anderweitig beschäftigt war oder zT. minutenlanges Herumstehen in der Pampa, um das Ende der Verwandlungsphase abzuwarten. Ein wunderbares Beispiel, wie eine auf dem Papier sehr gut klingende Idee im fertigen Spiel schlichtweg nicht funktioniert und anstatt dem Spieler freudiges Zungeschnalzen zu entlocken, ihn eher zum groben Malträtieren des Keyboards veranlasst.
Sieben Mal habe ich bislang versucht dieses Spiel zu einem Ende zu bringen. Sieben Mal habe ich ein an sich sehr schönes und gutes Rollenspiel begonnen. Und sieben Mal habe ich irgendwo in den Ruinen der Drakoidenstadt entnervt das Handtuch geworfen, weil ich spielen und nicht schon wieder eine Zwangspause einlegen wollte, weil das Programm in immer kürzeren Abständen den Charakter von einer Form zur anderen wechseln ließ.
Der Zeitpunkt für ein achtes Mal nähert sich. Ich bin gespannt. ob ich es doch nochmal versuche ;)