Freitag, 7. März 2008

Reizthema Nr. 2 - Ingame-Werbung

Nachdem erste hysterische Reaktionen auf mögliche Ingame-Ads in Starcraft 2 sich wahrscheinlich als unbegründet erwiesen haben, habe ich mich dennoch gefragt, wann die Gier der Publisher irgendwann doch über die versammelte Vernunft und Erfahrung mit Werbung in anderen Medien siegt.

Wie wir alle aber zum Beispiel bereits an vielen EA-Spielen gesehen haben, wird die Gier mehrheitlich wohl siegen. Ingame-Werbung wird nicht dazu beitragen, dass eventuell die Preise sinken, sondern natürlich nur dazu beitragen, dass die Gewinne steigen. Spiele über Steam sind ja auch nicht preiswerter als ihre Retail-Gegenstücke, obwohl ja nur Daten durch den Äther geschickt werden. Sicher, es gibt Ausnahmen wie die Kostenlos-Accounts von Anarchy Online, doch bislang wird Werbung in Spielen nur benutzt, um die Gewinne für den Publisher zu erhöhen.. Seitens des Publishers verständlich und nachvollziehbar, wenn man nur Interesse an schnellen, kurzfristigen Gewinnen hat. Dumm und auf Dauer dem Geschäft abträglich, wenn man es damit übertreibt.

Damit übertrieben haben es die TV-Sender (Privat wie ÖR, national wie international), denen massenhaft die Zuschauer vor allem in den jungen Generationen davonlaufen. Jedesmal, wenn ich beim Besuch meiner Eltern kurz deren TV-Gerät einschalte, schlägt es mich fast rückwärts aus dem Wohnzimmer. Bäääää!

Damit übertrieben haben es definitiv die typischen Hollywood-Blockbuster wie "I, Robot" oder "Transformers". Ich schaue mir diese Werbeverkaufsveranstaltungen nicht mehr an, ich gebe kein Geld mehr dafür aus. Ein Film ist für mich schon vollständig ruiniert, wenn zB. zu Beginn, wie rein zufällig, der Kühlergrill einer bekannten Automarke prominent in den Vordergrund geschoben wird, Markenname und -zeichen für einen Moment das Bild beherrschen oder zumindest gleichberechtigt mit dem Schauspieler sind.

Damit übertrieben haben es Print-Magazine, deren redaktionelle Beiträge in immer größeren Mengen Werbung verschwinden. Man schlage zufällig eine Seite in einem Print-Magazin auf. In über 50% aller Fälle ist nur Werbung zu sehen. Und kennt nicht jeder das mittlerweile traditionelle Ausschütteln von zB. Wochen- oder Montas-Magazinen, um die Zeitschrift von all den Myriaden Beilegern zu säubern? Sicher, das ist eine Folge der schrumpfenden Auflagen, in dem man verzweifelt versucht, zurückgehende Einnahmen mit noch mehr Werbung zu kompensieren. Dass man damit den Leser aber noch schneller vertreibt und durch noch mehr sinkende Auflagen auch unattraktiv für die Werbekunden wird ...

Ich selber war ein wenig pissed, als Anfang des Jahrtausends (hrhrhr, hört sich immer noch geil an) die ersten Webwasher und Adblocker aufkamen, die eine Reaktion der Nutzer gegen die zunehmende Werbeflut im Internet war. Stinkig war ich, weil ich damals bei einer Firma angestellt war, deren einzige Einnamequelle eben Bannerwerbung war. Jetzt bin ich dort nicht mehr angestellt. Jetzt habe ich auch begriffen, dass Adblocker nicht die Idee dreister "Service-Diebe" sind, die für kostenlose Leistung nicht einmal mit dem Betrachten und/oder Anklicken von Werbebannern bezahlen wollen. Gestern abend habe ich spasseshalber ein wenig mit der neuen IE8-Beta herumgespielt. Zuerst dachte ich beim Betrachten vieler meiner Lieblingsseiten, was zur Hölle Microsoft denn jetzt wieder getan hat. Verschobene Darstellung, häßliche Farben und vollkommen unbenutzbare, unlesbare Seiten sah mein zartes Auge. Dann ist mir eingefallen, dass ich seit geraumer Weile im Firefox einen Adblocker einsetze, weil ich die Schnauze vollhatte. Weil ich eine Seite aufsuche, um dort die jeweiligen Inhalte zu lesen und nicht, um dort erstmal sekundenlang Inhalte zwischen der Werbung zu suchen, den Ton auszustellen, weil irgendetwas bimmelt oder darauf zu warten, dass ein Flash-Overlay endlich den "Schliessen"-Button anzeigt.

Too much! Es nervt! Es reicht! Zuviel Werbung ist, was einem jeder erfahrene Werber und Marketeer bestätigen wird, schädlich und kontraproduktiv. Wir Menschen sind eben DOCH keine hirnlosen Konsumzombies, sondern eben nur Menschen, die auf störende Umwelteinflüsse dergestalt reagieren, dass sie diese entweder blocken oder lernen sie zu umgehen. Und wie man an den hysterischen Reaktionen eben auf die aktuelle SC2-Geschichte sehen kann, ist der Wunsch, Werbung zu blocken, zu ignorieren oder ganz abzulehnen, mittlerweile eben keine bewusste, überlegte Handlung mehr, sondern ein Reflex! Werbung? Instinktive Ablehnung! Hass! Abneigung! Die ganze Bandbreite des emotionalen Spektrums instinktiv nach oben gespült.

Was auch jedwede Glaskugel-Leserei einfach macht, wenn es um die Zukunft von Werbung in Spielen geht. AdServer-Blocker und NoAd-Cracks/Texture-Replacer werden kommen wie das Amen in der Kirche. Kunden werden Spiele nicht mehr kaufen, wenn Werbung zuviel, zu nervtötend, zu aufdringlich wird. Und ob die Kunden höhere Preise für werbefreie Spiele bezahlen werden, wage ich doch stark zu bezweifeln.