Montag, 31. März 2008

Ich kann keine Gedanken lesen

Nachdem ich aus der Puzzle Quest-Cartidge wohl das letzte Elektron gequetscht habe und nun nichts mehr übrig zu sein scheint, habe ich mir via Elektro-Bucht etwas Nachschub besorgt (nein, ich habe immer noch keinen R4). Nachschub unter anderem in Form von "Children of Mana".

Vollgepackt mit herrlichen Graphiken, schöner Musik, knuddligen Charakteren und Mana-mäßigem Gameplay, respektive wildem Schwertgefuchtel, hat dieses Spiel im Grunde alles, was ich mir von einem Spiel aus der Seiken Densetsu-Reihe erwarte. Hochwertige Squeenix-Arbeit! Soweit, sogut. Macht auch Spass. Bis ich auf den ersten Mini-Boss gestoßen bin. Und nach einem halben Dutzend kläglicher Versuche in einem Walkthrough nachschauen musste, wie zur Hölle man diesen Gegner überhaupt besiegen kann. Der erste Mini-Boss des Spieles, der dramaturgisch immer noch als Teil der Spieleinführung zu betrachten ist.

Ich weiß, dass manche Gamedesigner Sadisten sind. Ich weiß auch, dass manche Spieler Masochisten sind, die es mögen, wenn man ihnen so richtig doll rechts und links Ohrwatschen um die Backen pfeffert. Ich persönlich habe jedoch kein Vergnügen daran, meinen Char erstmal minutenlang wirkungslose Attacken auf den Gegner ausführen zu lassen, bis ein Trigger nach der x-ten wirkungslosen Attacke (des Gegners Angriffe sind natürlich NICHT wirkungslos) die Unverwundbarkeit abschaltet und der eigentliche Kampf ERST DANN beginnt. Erst dann, wenn mein Char, im vergeblichen Versuch den Mini-Boss anzukratzen, fast alle Gesundheitstränke aufgebraucht hat.

WHAT THE FUCK!!!!!!!!

Nein, ich kann nicht Gedankenlesen. Ich weiß vorher nicht, dass der Gegner nach x Angriffsversuchen seine Unverwundbarkeit im Rahmen einer Cutscene (!) verliert, weil plötzlich, Deus Ex Machina, Ereignis X eintritt. Ich sehe nur meinen Char, der vergeblich auf den Gegner eindrischt.

Es gibt Gamedesign-Entscheidungen, die ich persönlich für vollkommen falsch halte. Neben Savepoints, die nur eine billige Spielzeitverlängerung sind, gehören undurchsichtige und "überraschende" Bosskämpfe in RPGs oder Actionspielen zu meinen *erm, hust* Lieblingen. Ich weiß nicht, ich kann an dem Umstand, erstmal dutzende Mal an einem Gegner zu krepieren, bis man mühselig herausgefunden hat, wo dessen Schwachstelle ist, nichts lustiges finden. Das nervt! Es nervt sogar gewaltig! Vor allem, wenn man nur dann zum Erfolg kommen kann, wenn man a) entweder in einem Walkthrough nachgelesen hat, was man überhaupt tun soll oder b) per Zufall genau die richtige Abfolge von Handlungen ausführt, weil logisches Nachdenken zum einen hier nicht hilft und zum anderen man nicht logisch Nachdenken kann, wenn man ständig Feindfeuer ausweichen muss und es im Level (wohlweißlich und absichtlich) keine Ecke gibt, an der man ausruhen, verschnaufen und nachdenken kann.

Zu meinen "Lieblingsgegnern" zählen zum Beispiel ein Großteil der Endgegner von Painkiller. Der erste "unverwundbare" Miniboss, das Sumpfmonster oder der Endgegner selbst, bei dem ich mir ziemlich sicher bin, dass hier NIEMAND ohne Walkthrough oder puren Zufall diesen Gegner besiegen kann. Nett designte Gegner, die den Spieler aber vollkommen ratlos zurücklassen, weil es überhaupt keinen Hinweis gibt, was man denn zur Hölle nun tun soll.

Oder der Soulcube-Wächter von Doom 3. Woher soll man wissen, dass man x Raketen in das blaue Licht schiessen muss? Natürlich schiesst man seine Raketen überall hin, doch es gibt keinen Hinweis darauf, dass ein x-faches Treffen des blauen Lichtes der einzige erfolgversprechende Weg ist. Und die Quickload-Taste bekommt ruckzuck dicke Fett- und Hautresteränder und leiert von all den Versuchen aus, diesen Gegner aus eigener Kraft zu knacken.

Ganz schlimm treibt dieses Spielchen Raven Software, die in Jedi Knight Outcast und Quake 4 den Spieler dazu zwingen, den Kampf zu verlieren, weil das Teil der Dramaturgie ist, OHNE dem Spieler jedoch zu sagen, dass er hier verlieren muss. Wenn man es jedoch endlich weiß, was man tun, bzw. lassen soll, dann stellt man sich bei JK Outcast einfach hin und tut nichts. Eine Cutscene hätte es hier auch getan, da der Ausgang des Kampfes eh schon feststeht und NICHT durch die Handlungen des Spielers beeinflussbar ist. Ich habe noch die flehenden Hilfeschreie in den Ohren, als Newsgroups und Foren damals von verzweifelten Spielern überflutet wurden, die wissen wollten, wie man diesen Gegner besiegen kann.

Auf die Spitze getrieben haben Raven Software es aber bei Quake 4. Da tritt man irgendwann gegen den neuen Strogg-Macron an. Auch ein Kampf, den man verlieren muss, weil es die Story so erfordert. Stellt man sich aber einfach nur so hin, stirbt der Char den normalen Bildschirmtod. Man muss, um die darauffolgende Sequenz zu triggern, dem Gegner erst ein bestimmes Ausmaß an Schaden zufügen. DANN erst stellt man sich hin und wartet darauf, dass die Sequenz beginnt.

Nein, liebe Gamedesigner. Ich kann keine Gedanken lesen. Wenn man mir in einem Spiel einen Gegner präsentiert, der zu besiegen ist, dann möchte ich diesen Gegner gerne aus EIGENER Kraft besiegen können. Gebt diesem Gegner meinetwegen fiese Attacken, die haufenweise Schaden anrichten. Macht ihn schnell, damit man ihn nicht so einfach treffen kann. Packt meinetwegen auch Lavaseen und so'n Kram in den Level, damit man zusätzlich aufpassen muss, wohin man tritt. Das ist alles ok und in Ordnung, solange zwischen Sieg und Niederlage nur meine eigene Geschicklichkeit bzw. Grobmotorik stehen. Und wenn ich den Kampf aus dramaturgischen Gründen verlieren soll, dann fackelt das bitte in Form einer Cutscene ab und erzeugt nicht die Illusion, dass ich mit meinen Handlungen irgendetwas am Ausgang des Kampfes ändern kann.

Weil ich eben nicht Gedanken lesen kann und normalerweise ein Spiel, vor allem ein Actionspiel, auch ohne das Studium eines Walkthroughs lösbar sein sollte. Oder nicht?