Donnerstag, 21. Juni 2007

Eine Frage der Wahrnehmung

Hin und wieder lese ich in Kommentaren (oder werde im Bekanntenkreis darauf angesprochen), dass ich ja wohl einen ziemlichen Hass und Frust bezüglich Computerspiele schiebe.

Ich frage mich dann immer, wie dieser Eindruck entstehen kann, denn zumindest in meiner Selbstsicht (die ja nicht nur laut Heisenberg eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit ist und nie richtige Resultate liefern kann) sollte klar sein, dass bei aller Kritik und Häme Spiele, Computerspiele, Videospiele immer noch mein liebstes Hobby sind.

Ich nehme mir einfach nur die Freiheit Dinge anzusprechen, die meiner Meinung nach SCHEISSE sind. Seien es bestimmte Gamedesignfehler, denen man immer wieder über den Weg läuft. Seien es diverse Entwicklungen innerhalb der Branche selbst, die meiner Meinung nach langfristig mehr Schaden als kurzfristig Nutzen bringen werden. Seien es diverse Entscheidungen von Firmen, bei denen ich mich frage, wie um alles in der Welt ein geistig normaler Mensch so einen Bockmist fabrizieren kann.

Diese Dinge passieren. Tagtäglich, Monat um Monat, Jahr um Jahr. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Motivation dieses Blog zu starten und nach Möglichkeit auch so lange weiterzuführen, solange es noch Computerspiele gibt ;) , liegt in meinem zunehmenden Frust über den Umstand, dass diese Dinge in der Gamer-Presse, in der Öffentlichkeit so gut wie nicht zur Sprache kommen. Nicht nur gewisse, meiner Meinung nach, Fehlentwicklungen kotzen mich an. Es geht mir auch tierisch auf den Sack, dass gerade diese Presseorgane nichts weiter als der verlängerte Arm der Marketingabteilungen der Publisher geworden sind. Früher (tm), früher waren das Nischenmagazine, geschrieben für eine Handvoll Nerds von Nerds. ASM anyone? Heute jedoch, nachdem sich die Branche zu einem riesengroßen Umsatzfaktor entwickelt hat, ist gerade die Spielepresse ein wichtiges Werkzeug zur Hype- und Produktinteresse-Generierung geworden. Und damit meine ich nicht nur die Print-Magazine. Auch nahezu alle Online-Mags schauen zwecks finanziellen Überlebens gerne weg und/oder drücken alle Hühneraugen zu, ignorieren bestimmte Themen und lassen sie unbeachtet. Ich sage nur "Kopierschutzproblematik", eine kritische Betrachtung der reinen Online-Distribution von Spielen, die Auseinandersetzungen um "Geistiges Eigentum" und Tauschbörsen und vieles mehr. All diese Themen werden nahezu einhelllig ausgeklammert oder man bügelt mit Basta-Manier diverse Versuche des Leserschaft ab, dies zum Gesprächsthema zu machen. Gut, dass nicht wenige Leser gerade der Print-Magazine von diesen Publikationen nur einen Stiftung Warentest-Charakter erwarten und Blicke über den Tellerrand ablehnen (Macht mir bloß net meine Spiele madig!), sollte man nicht unerwähnt lassen.

Und deswegen ist man es gewohnt, dass bei Spielen immer alles nur toll ist. Selbst Hintergrundberichte zu diversen Entwicklern und Publishern sind eher "Homestory", wie sie besser Das Goldene Blatt nicht hinbekommen könnte, als saubere, journalistische Berichterstattung. Alles ist toll und das nächste Spiel ist immer noch viel tollerer! Und dann kommt da so ein Waldschrat daher und labert den ganzen Tag nur noch davon, wie übel dieses ist, wie scheisse jenes ist. Himmel, wenn diesem Hanswurst das so unerträglich ist, wieso hört er denn nicht auf und verschont die Welt mit seinem Gesabbel?

Nun, zum einen, man muss es ja nicht lesen :)

Zum anderen, frei nach Erich Mielke: „Ich liebe – Ich liebe doch alle – alle Spiele – Na ich liebe doch – Ich setzte mich doch dafür ein!" nehme ich mittlerweile eine, wie bereits schon in einem Kommentar erwähnt, Statler & Waldorf-Perspektive ein. Ich könnte den lieben langen Tag nichts weiter tun, als mich über die Dinge aufregen, die alles daran setzen, mein einstmals so schönes Hobby bis zur Unkenntlichkeit zu ruinieren. Nicht nur könnte, ich tue es ja auch, wie ihr Euch Tag für Tag selber davon überzeugen könnt.

Aber ich kann dennoch nicht von Spielen lassen. Ich mag Spiele. Ich spiele gerne. Ich beschäftige mich gerne mit Spielen, mit dem Drumherum, mit der "Spieleindustrie". Ich habe einfach nur keine Lust, um des lieben Friedens willen alles unter den Teppich zu kehren, was diese falsche Harmonie stören könnte. Denn es gibt eine Menge Dinge, die richtig übel sind. Von zu invasiven Kopierschutz-Mechanismen, DRM à la Steam, "Geistiges Eigentum"-Rechtewahnsinn bis zum grundsätzlichen Anlügen und Verscheissern des Kunden, weil (wie ich aus eigener Erfahrung weiß) man innerhalb der Branche die eigene Kunschaft größtenteils verachtet und für eine dumme, leicht zu manipulierende Schafherde hält.

Ich bin da anderer Meinung. Und deswegen nehme ich mir das Recht heraus diese Dinge anzusprechen, weil es mir ein Bedürfnis ist, sie anzusprechen. Ich habe keine Lust mehr, still und stumm dazusitzen und alles in mich hineinzufressen.

Gerade weil mir Computerspiele (gleichgültig welche Plattform) immer noch sehr am Herzen liegen.