Dienstag, 9. September 2008

Jäger der verlorenen Talkies

Dereinst, in früheren (glücklicheren?) Tagen, war ein 3.5-Zoll-Diskettenlaufwerk für viele hartgesottene Zocker und Spielefreaks Quell aller Lebensfreude. Doppelt soviel Speicherplatz als diese schlabbrigen 5.25-Zoll-Plastikfrisbees und sehr viel handlicher, praktischer. Alles war gut und alles war schön. Auch wenn die Zahl der Disketten, die man zur Installation eines Spieles in den gefrässigen Schlund des Laufwerks schieben musste, Jahr für Jahr zunahm. Erste Witze machten die Runde, dass man für ein Wing Commander 3 wahrscheinlich Studenten mieten können würde, die dann mit dicken LKWs im Akkord von Haus zu Haus fahren, um während der Abwesenheit des Käufers (vorzugsweise Jahresurlaub) das Spiel von geschätzten 20.000 Disketten zu installieren.

Ach, wie dumm und unwissend waren wir doch alle :)

Gab es doch eines Tages die CD-ROM, welche mit einem Fassungsvermögen von fast unbegreiflichen knapp 700 MB alle Platzprobleme ein für allemal lösen würde.

Ach, wie dumm und unwissend waren wir alle auch dann. Aber dies ist eine andere Geschichte.

Heute geht es um die kurze Phase von ein, zwei Jahren, in der die CD-ROM sich sehr schnell in der Spieleindustrie als neues Speichermedium etablierte und nur noch Nintendo aus lauter Panik vor möglichen Kopien an sperrigen, speicherbegrenzten Cartridges festhielt. In dieser Zeit feierte die sog. "Enhanced CD-ROM-Version" ihre kurze Existenz auf Erden, als viele Entwickler und Publisher ältere Titel, die zuvor auf Diskette erschienen waren, nun mit allerlei Features aufmotzten, die auf Diskette undenkbar waren. Durchgängige Sprachausgabe, hochauflösende Spielgraphiken und längere, hochauflösendere Intro-Sequenzen in Form kleiner Filme.

So engagierte Westwood für die CD-Ausgabe von "Lands of Lore" zB. Patrick Stewart himself, der ein paar launige Dialogzeilen sprach. Damals eine Sensation. Westwood veröffentlichte auch Talkie-Versionen für die ersten beiden Kyrandia-Adventure. Von Origin gab es ein "System Shock-Enhanced", bei dem zB. sämtliche Mails, Logs und Tagebücher vertont wurden, so dass die eh schon dichte Spielatmosphäre noch intensiver und dichter wurde. LucasArts veröffentlichten die legendäre Talkie-Version von "Fate of Atlantis". Ok, legendär hauptsächlich für uns blöde Europäer, weil es diese Version nur für kurze Zeit in den USA gab und man für entsprechende Exemplare selbst heute noch tief in den Geldbeutel greifen muss. Und dann nicht einmal mit der Originalstimme von Harrison Ford, sondern von einem gewissen Doug Lee, was dem unaufmerksamen Spieler aber kaum aufgefallen ist, so ähnlich waren sich beiden Stimmen.

Mittlerweile kann ich (fast) alle dieser speziellen Talkie- und CD-ROM-Versionen mein Eigen nennen. Eine fehlte mir aber noch. Die Sprach-Version von Legends göttlichem "Companions of Xanth". Die Disketten-Version habe ich natürlich. Inklusive dem beigelegten Buch. Die Talkie-Version jedoch? So gut wie nicht aufzutreiben. Auch kaum im Netz zu finden, was aber nicht so ganz zählt, denn hier geht es nicht nur um die reinen Spieldaten, sondern um den physikalischen Datenträger, die Verpackung, um das Drumherum.

Bis letzte Woche. Letzte Woche gelang es mir endlich bei eBay-USA für nicht wenige Dollar eine astrein erhaltene Ausgabe der Talkie-Version von "Companions of Xanth" zu ersteigern. Gut, ein wenig unfair war das vielleicht schon, ich mit meinem starken Euro, der hier alles wegputzte, was an möglicher US-Konkurrenz an den Start ging, aber hey ... wenn die Amis schon ihre Wertsachen verkaufen müssen, um ihre geplatzten Hypotheken zu finanzieren, dann sollen diese Wertsachen auch in kundige Hände kommen und der Verkäufer einen ordentlichen Preis erhalten.

Und gestern kam das Paket dann an.

Hehe, hehehehehe, hihihihihihi *freu*

Ich glaube, jetzt habe ich sie alle. Zumindest die, die ich haben wollte.




"Companions of Xanth" ist übrigens ein feines, kleines Adventure, für das man selbst als einigermaßen des Englischen mächtiger Weltbürger ein gutes Lexikon neben sich haben sollte, da die literarische Vorlage von Piers Anthony, die Romane um die Magische Welt Xanth, nur so vor angelsächsischem Wortwitz und Doppelbedeutungen strotzen und sich Legend durchaus bemüht haben, die Rätsel diesem Wortwitz anzupassen.