Sonntag, 7. September 2008

Bad "Bad Day in LA"

Schlechte Reviews in Print-Magazinen und auf entsprechenden Internet-Seiten kann ein Spiel aus vielerlei Gründen erhalten. Dies kann unter anderem an einem grundsätzlichen Mißverständnis zwischen dem Bewertenden und dem Spiel liegen, wenn der Bewertende vom Spiel Dinge erwartet, die das Spiel aber grundsätzlich gar nicht bieten kann. Oder der Bewertende legt Qualitätsmaßstäbe an ein Spiel, die es schon alleine von seiner Machart und/oder Herkunft gar nicht erfüllen kann. Auch kann es daran liegen, dass der Bewertende ein Spiel bewertet, dessen Spielprinzip ihm von vornherein nicht gefällt. So kann ich zB. einer knochentrockenen und bockelschweren Militärsimulation wie zB. den Spielen der CombatMission-Reihe nun so gar nichts abgewinnen. Für Liebhaber dieser Art Spiel sieht die Sache aber erheblich anders aus. Von daher sollte man all dieses Noten-Gezumsel nicht allzu eng sehen.

Manchmal jedoch, manchmal bekommt ein Spiel schlechte Bewertungen, weil es einfach ein schlechtes Spiel ist, welches allerhöchstens nur obskure Neigungen zum Selbstkasteien befriedigen kann.

Eines dieser Spiele ist "American McGee presents Bad Day in L.A."

Schon alleine in diesem Titel stecken min. 50% der Qualität, die man in diesem Spiel vorfinden kann. Gut, rein technisch lässt sich nicht viel meckern. Zwar sind Auflösung und Graphikqualität fix und lassen sich nicht verändern, aber zumindest funktioniert es. Und der Comic-Look ist auch nicht sooo übel. Macht zusammen mit dem Titel also 100% aus. Was folglich, ergo und logischerweise bedeuten muss, dass ...

... das Schreckliche an diesem Werk tatsächlich das eigentliche Spiel ist und nicht das optische Beiwerk, welches in der Regel in vielen Reviews als Grundlage für die Bewertung eines Spieles herhalten muss.


Das ist eine Szene direkt vom Anfang des Spieles. So nach etwa 10 Sekunden Spielzeit. Wer diesen Punkt erreicht hat, sollte danach das Spiel bitte beenden. Es wird nicht besser. Ehrlich!

"Bad Day in L.A" ist ein langweiliger, öder, schlecht umgesetzter und unispirierter Versuch, das offene Gameplay eines GTA mit den Geschmacklosigkeiten eines Postal zu verbinden. Ich renne ziellos durch die Gegend, lösche brennende Autos und brennende Menschen und bekomme dafür "Gutpunkte". Die ich auch bekomme, wenn ich Zombies mit einem Feuerlöscher heile oder sie töte. Oder wenn ich Plünderer mit dem Feuerlöscher behandele, so dass sie ihre Beute fallen lassen. Welchen Nutzen diese Punkte haben sollen, konnte ich während der etwa einstündigen Spieldauer nicht herausfinden. Lösche ich zB. niemanden und lasse alle elendig krepieren, bekomme ich keine Punkte. Nein, auch nicht "Schlechtpunkte", die ich nur bekomme, wenn ich aktiv jemanden mit Schrotflinte oder Schraubenschlüssel töte. Manchmal bekomme ich diese Schlechtpunkte auch, wenn eine Person brennend vom Dach eines Hauses fällt, was mir nur auffällt, wenn ich diesen Trigger auslöse und auch zufällig solange stehenbleibe, bis der Kerl vom Dach fällt. Nein, ich habe keine Ahnung, warum ich hier einen Schlechtpunkt bekomme. Oder hätte ich diesen Idioten auffangen sollen? Da der Idiot netterweise (wie alle anderen Leute, die man umnietet oder nicht umnietet, weil sie zB. verbrennen) ständig respawnt, warte ich einfach in der Nähe des Hauses, laufe los, löse den Trigger aus und ... man hätte es sich fast denken können, der Idiot fällt direkt durch meinen Char durch und stirbt erneut. Und wieder ein zusätzlicher Schlechtpunkt, von dem ich, wie bei seinen Gegenstücken, keine Ahnung habe, warum er eigentlich "Schlecht" sein soll.

Ausserdem läuft mir so ein kleiner Bengel hinterher, den ich zu einer Ambulanz bringen soll, weil er angeblich verletzt und vergiftet sein soll. Er läuft zwar brav hinter mir her, aber wie auch ich nach dem Ende aller Lebenspunkte wundersam an Ort und Stelle widerbelebt werde, so spielt es auch keine Rolle, ob dieser Rotzbengel Schaden nimmt oder nicht. Irgendwann ist sein Gesicht ausgegraut und die Zahl seiner Lebenspunkte beträgt exakt Null. Macht aber nix. Ein paar Sekunden abwarten und schwupps, läuft das robuste Kerlchen wieder mit sich langsam auffüllenden LPs hinter mir her.

Auch gibt es Terroristen, die mich und andere Passanten beschiessen. Gut, hauptsächlich mich. Manchmal schiesse ich auch zurück. Aber auch nur, weil mich eine Quest namens "Töte fünf Terroristen" dazu zwingt. Weil, sonst ist es ja egal, ob man mich trifft oder nicht. Ich werde nach dem Ende aller Lebenspunkte an Ort und Stelle wiederbelebt. Mit allen Gegenständen, die ich so gefunden habe. Toll, nicht? Einen Gameplay-Bestandteil, den man vollkommen ignorieren kann. Cool!

Ausserdem soll das Spiel angeblich auch beissende soziale Kommentare abgeben und Gesellschaftskritik üben. So wie das zB. einem Postal 2 so vorzüglich gelungen ist. Im Spiel selbst gibt es zB. Terroristen. Und ein abgestürztes Flugzeug, welches von diesen Terroristen mit Giftstoffen für einen Anschlag beladen wurde. Und Passanten, die entweder im Garten ein Barbecue veranstalten oder brennen oder plündern oder sich wegen des Giftgases in Zombies verwandeln und grüne Kotze kotzen. Und zwischendrin mich, der als Hobo, als Penner und Obdachloser versucht so etwas wie Spielspass oder wenigstens nur eine Satire auf Spielspass zu finden.

Lange Rede, kurzer Sinn. "Bad Day in L.A." ist tatsächlich so schlecht, wie der Metascore von nur 28 Punkten vermuten lässt. Kein Geheimtip, kein mißverstandenes kleines Juwel. Nein, einfach nur Grütze!

*ausserdem wird es draussen allmählich kalt und dunkel und es regnet. ideales rollenspiel-wetter. drakensang, verschaffe du mir wenigstens wieder ein paar schöne stunden*