Im Cyberspace hört Dich niemand schreien!
Im Zuge der Sache um diese HoMM5-Mission und meiner Frage zu Frustspielen ist mir dann mein persönliches Alltime-Frustspiel eingefallen. Nicht, weil es über alle Maßen besonders schwierig oder hinterhältig war, sondern ...
Es gab einst einen Disney-Film, den ich als kleiner Wicht nur so verschlungen hatte, weil in ihm zum ersten Mal intensiv Computergraphiken eingesetzt wurden. Und wie wir ja alle wissen, stehen kleine Kinder auf oberflächlichen Glitzerkram ;)
TRON ist heute (dennoch) zu Recht ein Filmklassiker!
Dann gab es im Zuge des 20-Jährigen Jubiläums nicht nur eine ganz hervorragende DVD-Ausgabe, sondern es wurde auch ein neues Computerspiel angekündigt. Produziert und entwickelt von Monolith, befeuert von der hauseigenen Jupiter-Engine. Alles schien gut. Alles schien gut, bis zu dem Tag, an dem ich voller Freude die DVD ins Laufwerk schob, das Spiel installierte und die ersten Schritte im Cyberspace unternahm. Ich wollte dieses Spiel so richtig gut finden. So richtig!
Der Frust begann damit, dass mein damaliger Rechner für all die Graphikpracht und dieses neuartige Pixelshader-Zeugs einfach viel, viel zu schwach war. Selbst mit heruntergeschraubten Details war das keine Freude. Doch Gott sei Dank war es eh an der Zeit wieder das Konto zu plündern. Die üblichen fünf, sechs Jahre Nutzungsdauer waren rum, der traditionelle Ritus des Rechnerneukaufes erforderte entsprechende Opfergaben. Danach jedoch ... Uiiiiiiiiiii! Hübsch! Boahhhhhh! "Tron 2.0" zählt für mich selbst heute noch zu den mit Abstand schönsten Shootern. Was wahrscheinlich damit zu tun hat, dass ich mit Ultrarealismus-Graphik, im Wind schwankenden Grashalmen, physikalisch korrekten Schatten, Reflektionen auf den ausgeworfenen Patronenhülsen und Angst-Schweisstropfen auf des Gegners Stirn nicht viel anfangen kann. Nett, aber irgendwie auch langweilig. Ich mag hingegen den kühlen Neon-Look von Tron. Ich mag komplett künstliche Welten, die nicht versuchen die Realität nachzuahmen, sondern die etwas Eigenständiges darstellen wollen.
Gut, das Spiel lief also flüssig. Und es machte auch so richtig Spass. Hervorragende Monolith-Qualität. Sauber produziert. Abgefahren. Ungewöhnlich. Klasse! Ich war begeistert ohne Ende. Bis zu dem Punkt, an dem das erste Lightcycle-Rennen bevorstand ... Rennen, die ich gewinnen musste, wollte ich im Spiel voranschreiten. Nix war's aber mit "im Spiel voranschreiten". Kein einiges Rennen gewonnen. Ich war ein ganz arg fürchterlich schlechter Lightcycle-Fahrer. Unfähig und bar jeglichen Talentes. Das Spiel war an dieser Stelle faktisch zu Ende! Ich war auch zu Ende. Am Boden zerstört. Wütend. Depressiv. Wieder wütend. x Versuche startend. Wieder versagend. Erneut depressiv.
Doch dann hatte man bei Monolith nicht nur ein Einsehen mit mir, sondern mit all den anderen Spielern, die ebenso kläglich an diesen Rennen gescheitert waren. Via Patch wurde zum einen der Schwierigkeitsgrad deutlich gesenkt und zum anderen musste man das Rennen auch gar nicht wirklich gewinnen. Es wurde dennoch als "Gewonnen" markiert, so dass selbst so Komplettversager wie ich endlich weitermachen konnten. Und alles war wieder gut. Das Spiel sah klasse aus, es machte Spass. Bis zum nächsten Dämpfer ...
Da gab es eine Stelle, an der man drei eMail-Fragmente beschaffen musste. Beschützt wurden diese Fragmente von Wachdrohnen, die ich nach all den Jahren immer noch als die widerlichsten Gegner in Erinnerung habe, die mir jemals in einem Shooter begegnet sind. Klein, pixelgenau selbst zwischen winzigen Lücken hindurch schießend, schnelle Schußfolgen und mit jedem Schuß ordentlichen Schaden erzeugend. Ein Treffer ließ auch das eigene Fadenkreuz ordentlich verwackeln, so dass das Treffen dieser kleinen Gegner nicht gerade leicht war. Beim ersten Mal bin ich in wenigen Sekunden "gestorben", ohne zu begreifen, wer denn jetzt plötzlich von wo auf mich schiesst. Dann habe ich in mühevollen Versuchen endlich gelernt, die winzige Deckung auszunutzen. Damit es aber nicht zu einfach wurde, erschienen am laufenden Band zusätzliche Drohnen hinter mir, so dass ich panisch und hektisch hin und her sprang, dabei versuchte winzige Ziele zu treffen, mich zu heilen und Nachschub für die enorm Energie fressende Sniper-Waffe zu holen. Jede andere Waffe inklusive Diskus war an dieser Stelle nicht zu gebrauchen. Irgendwann habe ich es aber geschafft. Beim letzten Fragment gab es jedoch im Grunde kaum noch Deckung, kaum Bewegungsspielraum (wollte man nicht fatalerweise tief in den Abgrund stürzen) und noch viel mehr Gegner.
Weitergespielt habe ich Tron 2.0 danach lange Jahre nicht mehr. Weil ich ob des Umstandes, dass man ein an sich göttliches Spiel so derart fies und schwer gemacht hat, so frustriert und wütend war. Sollte ein Spiel nicht Spass machen? Sollte es nicht Freude bereiten?
Erst viel später habe ich Tron 2.0 zu Ende gebracht. Komplett im Godmode, entspannt, gelassen und mich einfach an der schönen Optik und der Fortsetzung der Filmgeschichte erfreuend. Aber es bleibt dennoch ein Groll übrig. Ich bin bei solchen Dingen wie ein Elephant. Ich kann vielleicht verzeihen und vergeben. Doch vergessen? Niemals!