Non-Gaming Interludium XXIII - Cloverfield
Das letzte Mal habe ich hier wahre Lobeshymnen über J.J. Abrams neue TV-Serie "Fringe" abgelassen. Lobeshymnen, die nach der mittlerweile fünften Episode mehr als nur gerechtfertigt sind. Von daher dachte ich, kann man ja nix falsch machen, und habe in einem Anfall von Spontanität letzten Samstag nicht nur Civ4-Colonization, sondern auch "Cloverfield" erstanden.
Der letzte Samstag war jedoch ein ganz, ganz schlechter Tag für mein Bauchgefühl, welches mich bei derartigen Spontanaktionen in der Regel nicht im Stich lässt. Diesmal jedoch ... Mondstand, Biorythmus, leicht verschnupft, schlechtes Karma?
Ok, das ist das so mithin das einzig Sehenswerte an diesem Film. Der Rest ...
Ja, die beklemmende Atmosphäre durch Wackelkamera und haufenweise Soundeffekte, die dem Zuhörer mehr vorgauckeln, als der Zuschauer tatsächlich sieht, das funktioniert teilweise richtig gut. Mittendrin, statt nur dabei! Die etwa 10-15 min Spielfilmzeit von der ersten Gebäudeerschütterung, die allseits bekannte Freiheitsstatuenkopf-Bowling-Szene, die Flucht über die Brooklynbridge und diverse Actionsequenzen in den Strassen von New York bis hin zum "Verschnaufen" in einer Subway-Station sind grandios. Action-Kino, Genre-Kino vom feinsten, neu abgemischt durch das konsequente Verwenden einer subjektiven Handkamera. Nix zu meckern! Aber nur diese 10-15 Minuten.
Sonst ist "Cloverfield" das perfekte Beispiel dafür, wie LANGWEILIG ein Film trotz Spitzeneffekte und einiger guter Szenen ist, wenn man keine Geschichte zu erzählen hat. Denn ab dem Moment, in dem es die erste der, ähh, Hauptpersonen splattermäßig zerreisst, wünscht man sich, dass doch bitte der Rest der Crew ebenso stilvoll abtritt. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob diese, hüstel, Indifferenz gegenüber den Charakteren dem Drehbuch oder den Darstellern anzulasten ist. Gut, das Drehbuch gibt nicht viel her in Punkto Charakterentwicklung, aber wenn ich die Auftritte von Rhona Mitra, Bob Hoskins oder David O'Hara im ebenso nicht sonderlich anspruchsvollen "Doomsday" mit dem Gestümper vergleiche, welches ich hier erleben darf ...
Es wird zwar ge-special-effected ohne Ende und Suspense-Anreger bretzeln zT. im Sekundentakt auf den Zuschauer ein und es ist immer wieder nett anzusehen, wenn turmhohe Monster lässig-leicht Wolkenkratzer zu Schutt verarbeiten ... aber es passiert im Grunde nichts. Das Schicksal der menschlichen Darsteller ist einem scheissegal, das Schicksal der Kreatur übereaschenderweise eigentlich auch und ob beide das finale Bombardement der gesamten Insel von Manhatten nun überleben oder nicht ... juckt nicht. Nicht die Bohne! Keinen Meter!
Vor 20 Jahren, da hätte ich den Film wahrscheinlich für großartig gehalten. Vor 20 Jahren habe ich auch die alten Monster-Schinken japanischer Herkunft gut gefunden. Tue ich heute immer noch, da ihr herrlich unschuldig-naiver Charme fast mit jeden Jahr, das ich älter werde, noch wächst. Gummikostüm-Stuntman-durch-Modellstadt-trampel for teh win!
"Cloverfield" hingegen ist nur laut, lärmig und eine langweilige, öde Fastfood-Veranstaltung für kommende Junggesellen/Strohwitwer-Videoabende, wo die durch das x-te Bier getrübte Wahrnehmung eigentlich fast jeden Film zu einem Oscar-Preisträger mutieren lässt. "Cloverfield", das ist Style over Substance. Das ist ein seelenloses Marketingprodukt, welches eiskalt kalkulierend die Blair Witch-Masche reitet, mit Viral Marketing die Massen hypnotisiert und sie wie Lemminge zur Kasse führt. Funktioniert. Muss nur selber in den Spiegel schauen.
Und ich muss ein ernstes Wort mit meinem Bauchgefühl reden. An diesem Tag knapp 50 Euro in den Sand gesetzt. So richtig in den Sand gesetzt! Erstaunt mich eigentlich, wie ruhig ich gerade bin ... vielleicht hilft es doch, wenn man über seinen Ärger bloggt, anstatt seinen Mitmenschen die Ohren vollzuheulen und nur hämisches Gelächter als Antwort bekommt. Vielleicht sollte ich auch ein ernstes Wort mit meinen Mitmenschen reden :)
PS: Bevor ich in ein paar Wochen den nächsten Fehler mache ... taucht der IronMan-Film eigentlich was? Dummerweise hat die Filmseite, auf die ich mich sonst verlasse, den Film ziemlich hochgejubelt, was mich mit einer ähnlich positiven Kritik letztes Jahr zu einem Besuch von *würrrg* Transformers veranlasst hatte.