Freitag, 24. Oktober 2008

Die Angst des Sklaven vor dem, was er nicht kennt

Ich gebe zu, ich übertreibe mit den folgenden Zeilen maßlos. Ich verallgemeinere und simplifiziere und spitze zu, wie man dies normalerweise nur macht, wenn man die Massen mit populistischen Thesen aufhetzen möchte. Dennoch ist es mir ein tiefes Bedürfnis die folgenden Zeilen zu verfassen. Ich WILL hier ein Pamphlet ablassen! Quasi die Predigt zum Wochenende :)

Wenn man, vor allem in den letzten Wochen, diverse Diskussionen zum Thema DRM verfolgt hat, kann man bei manchen Teilnehmern der Diskussion eine ganz bestimmte Haltung ausmachen. Es ist die Haltung derjenigen, die zwar rein rational die Argumente von DRM-Gegnern nachvollziehen können, ab und an sogar zustimmen, die aber trotzdem den letzten Schritt nicht gehen wollen. Der letzte Schritt, der in einem Boykott, in einem strikten Kaufverzicht eines mit DRM versehenen Produktes besteht.

Warum? Warum will man diesen letzten Schritt nicht gehen?

Weil man der Meinung ist, dass man sich doch lieber entmündigen lassen möchte, bevor man gar keine Spiele mehr hat.

Und das ist meiner unbescheidenen Meinung nach, nichts weiter als die Angst des Sklaven vor der Freiheit, weil es keine sicheren Zellen und keine regelmäßigen Mahlzeiten (so gering sie auch sein mögen) und keine klaren Strukturen gibt. Weil die Freiheit unsicher und unbestimmt ist, zieht man die Übersichtlichkeit der Zelle dieser Unsicherheit vor. Weil man sich nicht vorstellen kann, wie man diese Freiheit nutzen kann. Weil man es nicht weiß. Dann doch lieber, so übel es auch sein mag, die Verantwortung für das eigene Leben abgeben und sich versklaven lassen. Man fürchtet lieber das, was man kennt, anstatt sich den Gefahren auszusetzen, die noch unbekannt sind.

Das römische Imperium baute seine Macht auf der Arbeitsleistung seiner Sklaven auf. Sklaven, die mit zT. perfiden Methoden und einem tiefen Verständnis menschlichen Verhaltens daran gehindert wurden, auch nur ansatzweise einen Gedanken an Widerstand zu entwickeln. Was heute die Furcht vor dem Terrorismus oder der Bombe ist, war dem römischen Bürger die Furcht vor einem Sklavenaufstand. Ausgrabung von Bergbauanlagen und Sklavenlagern legen eindrucksvoll dar, wie die römischen Herren Kontrolle ausüben konnten. Die größte Stütze der damaligen Slavenhaltergesellschaft war aber der Umstand, dass die Sklaven (oft schon in Sklaverei geboren) gar nicht wussten, dass es eine Alternative gibt. Sklaverei wurde einfach als "das ist eben so" hingenommen.

Und so denkt sich der heutige Sklave der Industrie, dass er eben DRM hinnehmen muss, will er in Zukunft noch Spiele zocken. Weil er der Meinung ist, dass es Spiele natürlich nur von EA, Activision und Co. gibt. Wer zocken muss, muss sich arschficken lassen. Oder *gasp, schock* auf's Spielen verzichten, was angesichts der Hohlheit des Lebens vieler unserer Bürger durchaus eine erschreckende Vorstellung ist. Dieser Mensch weiß nicht, dass es Spiele auch abseits des ausgetretenen Pfades, abseits der üblichen Strassen und Wege gibt. Und wenn er einmal diese Alternativen kennenlernt, dann verzieht er mißmutig das Gesicht, weil diese Alternativen eben nicht so hübsch bunt aussehen wie die üblichen Mainstream-Produkte. Und weil sie oft genug nicht so bequem zu beziehen sind, wie die üblichen Mainstream-Produkte. Weil ihm der schöne Schein wichtiger ist als der Inhalt. Dieser Mensch ist Sklave seiner eigenen Vorstellungswelt und merkt daher auch nicht, in welche Abhängigkeit er sich damit begibt.

Lass Dich Arschficken oder es gibt keine Spiele mehr!
Oh nein, keine Spiele?? Schnell, Hose runter, Vaselinetube hinlegen, los, gibs mir!



Und? Was kann man dagegen tun? Sich arrogant und überheblich als "Wissender" über die Dummheit der "Unwissenden" auslassen? Die EA-Konzernzentrale mit sich sehr schnell ausbreitenden Luftdruckwellen und wärmenden, hübsch orangefarbenen Flammen neu dekorieren? Oder Geduld mit diesen Leuten haben? Sie aufklären? Ihnen Alternativen zeigen? Ihnen die Angst vor einer Welt ohne BlitzBlendVorgauckel nehmen? Oder sie einfach in ihrer Welt lassen und sich darauf zu konzentrieren, wenigstens das eigene Leben selbstverantwortlicher zu gestalten, weil Fanatismus und Zwangsbeglückung nur alles schlimmer machen?

Nun, man könnte allerdings auch den Begriff "Spiele" durch vieles andere ersetzen und damit beginnen, sich WIRKLICH mal Gedanken darüber zu machen, was wir nur deswegen als gegeben hinnehmen, weil wir nichts anderes kennen.