Dienstag, 7. Oktober 2008

Geld

Man möge mir verzeihen, wenn ich in den folgenden Zeilen ein wenig zusammenhanglos durch die Gegend schwadroniere. Mir ist noch nicht ganz klar, auf was ich eigentlich hinaus will. A work in progress sozusagen. First draft.

Letzte Woche hatte ich gefragt, was man denn mit 100 Millionen Euro machen würde, unter der Bedingung sie im Spielebereich auszugeben. Diese Woche frage ich mich, ob man diesen Krempel nicht einfach weglassen könnte und sich eher fragen müsste, welche Art Spiel man machen würde, wenn man kein Geld damit verdienen muss, weil es nicht notwendig ist, überhaupt noch Geld zu verdienen ...

Geld korrumpiert. Grundsätzlich. Mehr Geld korrumpiert mehr. Kein Scheiss. Das ist so. Ich habe es selber an mir feststellen dürfen.

Videospiele haben ihren Siegeszug um die Welt angetreten, weil sie dem Spieler nicht nur spannende, neuartige und einzigartige Unterhaltung bot, die es so vorher noch nicht gab. Das war nur hilfreich für die schnelle Verbreitung innerhalb weniger Jahrzehnte. Denn hätte es keine Möglichkeit gegebeben, damit Unsummen von Geld zu verdienen, wir hätten Pong und PacMan niemals zu Gesicht bekommen. Ich würde wahrscheinlich ein Blog über ... andere Dinge? ... schreiben. Ich könnte über Comics schreiben. Comics, die nur entstanden sind, um sie möglichst gewinnbringend weiterverkaufen zu können. Ich könnte über etwas über Filme erzählen. Über TV-Serien. Über bestimmte Literatursparten. Fast alles, über das ich schreiben könnte, existiert nur wegen eines zu erzielenden Profites oder wird zumindest sehr stark davon beeinflusst. Was schlicht und einfach daran liegt, dass unser Alltag so derart stark von Geld beeinflusst wird, von Geld abhängt, dass wir unsere Definition von Kultur und Zivilisation letztendlich auf das Vorhandensein oder Nicht-Vorhandensein entsprechender Zahlungsmittel zurückführen. Neben Religionen und politisch/gesellschaftlichen Ideologien haben wir Menschen es erfolgreich geschafft, GELD, die Ursache für derart viele Probleme, als dritten Nachweis unserer schier grenzenlosen Dummheit auf den Thron zu hieven.

Der Name Groschengrab als Bezeichnung für die frühen Arcade-Automaten kommt nicht von ungefähr. In meiner Klasse gab es einen Jungen, der irgendwann damit begonnen hatte, Comics, Kaugummis und andere Dinge zu klauen, die er anschliessend in der Pause an Schulkameraden verkaufte, nur damit ihm genügend Geld für die Arcade-Automaten zur Verfügung stand. Denn das Spielvergnügen war ja nicht kostenlos und vor allem neue Automaten waren immense Markschlucker, bis man das Spielprinzip gut genug beherrscht hatte, um in höhere Level oder gar den Highscore vorzudringen. Ich mache hier keine Scherze, wenn ich sage, dass dieses Geschäftsmodell wahrhaft satanisch ist. Etwas anbieten, was niemand wirklich essentiell benötigt. Etwas, dass aber trotzdem so unwiderstehlich ist, dass man dafür Geld ausgibt, ausgeben muss. Um jeden Preis. Habe ich kein Geld, beschaffe ich es mir, irgendwie, um jeden Preis. Ersetze Videospiele durch Drogen, Flachbildschirme, Brot, Wohnraum, Kleidung. Umsonst ist nicht einmal der Tod, wenn man mitbekommt, dass die Eltern irgendwann eine Sterbeversicherung abgeschlossen haben, nur damit das unvermeidliche Begräbnis nicht die Nachkommen arm macht. Alles kostet Geld.

Geld. Und Videospiele. Zwei Dinge, die für uns untrennbar miteinander verbunden sind. Denn achtet bitte kurz darauf, wie wir reden, wie wir uns über Spiele unterhalten ... ich nehme mich selbst hier ausdrücklich nicht aus ...

- Hast Du schon XYZ? Nee, ich wart erst ab, wenns billiger zu haben ist.

- Himmel! Und für diesen Schrott wollen die auch noch Geld?

- Kunden wollen für ihr gutes Geld gute Ware. Kunden wollen nicht wie potentielle Diebe behandelt werden.

- Ein Kopierschutz ist notwendig, damit Publisher (große Firmen, die mit der Produktion von Videospielen Profit machen wollen) und Entwickler (kleine Firmen oder Einzelpersonen, die mit der Produktion von Videospielen Profit machen wollen) ihre Umsätze schützen können, damit es auch in Zukunft noch Anreize gibt, mit Videospielen Profite zu machen.

- Wow! Das war man ein richtig geiles Spiel. 50 Euro perfekt angelegt!

Geld. Geld. Überall nur verficktes Geld!

Wisst ihr, was ich mir wünsche? Eine Welt, in der man zB. Spiele nicht machen muss, um damit Geld zu verdienen, sondern in der man Spiele macht, weil man Spiele machen möchte. Denn zum vernünftig Leben hat man ja schon alles. Ohne Geld! Ohne Korruption! Ohne sich zum Sklaven machen zu lassen. Eine nicht-monetäre Wirtschafts- und Gesellschaftsform, in der das einzig knappe Gut die menschliche Kreativität, alles andere aber im ausreichenden Maße vorhanden ist. Und mal abgesehen davon, welche positiven Auswirkungen dies auf das Leben aller Menschen hätte (und nicht wie heute, nur auf die, die viel Geld haben), welche Spiele würden in einer solchen Gesellschaft gespielt und gemacht werden?

Würde ein GTA überhaupt noch irgendeinen spielerischen Reiz haben, wenn im richtigen Leben jeder einfach zum 3D-Printer gehen und sich ein neues Fahrzeug ausdrucken/anfertigen lassen könnte? Egoshooter würde es bestimmt noch geben. Ist ja nicht so, dass die Menschen dann alle nur das Gemüt handzahmen Gemüses haben werden. Adventures und Rollenspiele wären wahrscheinlich extrem beliebt. Gute Geschichte gehen immer! Ach, quark, was halte ich mich hier mit prähistorischen Genres auf. Da eine geldlose Gesellschaft nur mit entsprechendem Einsatz hochentwickelter Technik möglich wäre (Roddenberry lag mit seinem StarTrek'schem Zukunftsentwurf gar nicht so falsch), wären konsistente, virtuelle Welten wahrscheinlich nicht nur die spielerische Norm, sondern in bestimmten Gesellschaftsausprägungen vielleicht sogar unmittelbarer Teil des Alltagslebens. Vielleicht gäbe es für manche Menschen gar keine Trennung mehr zwischen Alltag und Spiel, zwischen analoger Wirklichkeit und digitaler Wirklichkeit. Vielleicht wären kreative Leistungen wie zB. Spiele so etwas wie sozialer Schmierstoff, um persönlichen Ruhm zu sammeln oder den Ruhm oder das Ansehen einer Gruppe zu vergrößern? Clans und Gilden nicht nur als temporäre Verbände in einem Spiel, sondern etablierte soziale Verbände, in denen man sein Leben verbringt, hineinwächst, aufwächst, Kinder zeugt, Familien gründet ... nicht mehr länger Homo Pecunia, sondern vollwertiger Homo Ludens. Auf jeden Fall wären Spiele in einer solchen Welt mehr als nur Ablenkung und Freizeitunterhaltung für Menschen, die erschöpft von der Arbeit nach Hause kommen und nur abschalten wollen. Wo sonst kann man besser den Umgang mit anderen Menschen lernen als in einem Spiel? Hier darf man Fehler machen, hier darf man sich daneben benehmen, nur um anschliessend zu sehen, welche negativen Auswirkungen so ein Verhalten haben kann.

Wie auch immer die Zukunft aussehen mag ... ich wünsche sie mir aufrichtig und von ganzem Herzen ohne Geld, ohne das rein egoistische, skrupellose und zerstörerische Streben nach Profit, dem sich alles unterzuordnen hat. Es sei denn, man setzt sich zu einer Gruppe von Soziologen und Archäologen, die aus natürlich rein wissenschaftlichen Gründen einen Heidenspass an einer Runde Monopoly haben :)

Denn wie erkannten schon die alten Römer:

"Avaritia prima scelerum mater." Habsucht ist die Mutter aller Verbrechen.

Und bevor ich noch weiterhin die Menscheit mit meinen nicht vorhandenen Lateinkenntnissen belästige, höre ich an dieser Stelle erstmal auf. Einen schönen Tag wünsche ich!