Montag, 22. Oktober 2007

Retro-Impressionen: Commander Blood

Ich sage es gleich vorneweg ... als Spiel taugt "Commander Blood" herzlich wenig. Nein, herzlich wenig ist noch viel zu höflich ausgedrückt.

Seien wir ehrlich ... Commander Blood ist gräßliches Spiel! Ein schlechtes Spiel! Sogar ein überaus schlechtes Spiel! Ähnelte der Vorgänger "Captain Blood" zumindest hin und wieder noch einem herkömmlichen Computerspiel, so war der Nachfolger nur eine konsequente Weiterentwicklung all derjenigen Elemente, die eben KEIN Spiel waren.

Aber CmB ist mit das abgefahrenste Stück Software, welches ich jemals gesehen habe :)

"Commander Blood" ist Kunst. Eine interaktive Führung durch die Multimedia-Ausstellung namens "Wie sinnvoll ist das Universum?"! "Commander Blood" ist eher in die Riege von Projekten wie Prince Interactive oder Peter Gabriels Eve zu stellen.

Wir haben ... einen verzogenen, schleckigen (Nein, ich esse doch nicht jede Energie!) und vorlauten Bordcomputer. Einen unglaublich mächtigen und uralten Auftraggeber, der sich einfrieren ließ, um die jahrtausende lange Suche nach dem richtigen Black Hole zu überdauern, die ihn ans Ende des Universums und somit den erneuten "Big Bang" bringen würde. Wir haben ein atmendes, lebendes Schiff, dass Space-Delphine ausschickt, um Kontakt mit Aliens, Robotern und anderen Bewohnern der Galaxis aufzunehmen. Wir haben Killer-Roboter und Lebewesen, die zu Killer-Robotern gemacht wurden. Wir haben höchst putzige, höfliche und zivilisierte Weltraumratten. Wir haben Roboter, die als Metzger arbeiten. Wir haben extra-universelle Supermärkte und Einkaufszentren. Ausgehöhlte Planeten und einsame Wachstationen. Sandige Einöden und vor Leben nur so überquellende Wasserwelten. Durchgeknalle Alien-Psychater und Computer-Viren, die man wie manche Schimmelpilze in leckere Nahrung für verwöhnte Bordcomputer umwandelt und "erntet".

Dann haben wir da noch farbenprächtige Graphiken, aufwendige Animationen und eine Optik, die man eher nach dem Genuß so manches alkaloidhaltigen Pilzes erwartet. Und wir haben, wie bei vielen Titeln von Cryo Interactive, einen phantastischen Soundtrack von Stephane Picq, der diesem bizarren, aber dennoch seltsam vertraut und beruhigend wirkenden Universum, einen akustisch würdigen Rahmen verleiht.

Nochmals, als Spiel versagt CmB kläglich. Am ehesten einem Adventure ähnelnd, ist es extremst linear. Rätsel und Puzzle sowie deren "Lösung" wirken unlogisch und willkürlich. Wie nachträglich in aller Hast eingefügt, so als ob den Entwicklern kurz vor Schluss noch eingefallen wäre, dass man ja eigentlich einen Nachfolger für ein Computerspiel (!) machen wollte.

Scheissegal!


CmB "spielt" man auch nicht, um ein Spiel zu spielen oder sich die Zeit zu vertreiben. Man ergötzt sich an den Animationen und der Musik. Man erträgt die gräßlichen Gameplay-Elemente, weil wahre Kunst nur durch Schmerz und Leiden erfahren und geschaffen werden kann. CmB muss auch durchlitten und erfahren werden.

Ich kann allerdings auch Leute verstehen, die CmB am liebsten hochkant aus dem Fenster pfeffern würden ...

Und da reine Screenshots nur unzureichend das multimediale Kunsterlebnis wiedergeben würden, hier nun einige Minuten Live-Gameplay, ähh, Live-Kunstperformance latürnich:

Link: Video bei Sevenload

Da das Video etwas dunkel geraten ist, empfehle ich die Verwendung des Vollbild-Modus.