Sonntag, 27. Juli 2008

Demonstrationsfreiheit

Normalerweise läuft das mit neuen Spielen kurz vor dem Release folgendermaßen ab:

Beim Entwickler gehen die Mitarbeiter während der sog. Crunch-Time und einem Arbeitstag von nicht selten 14, 16, 20 h täglich bis an die Grenze ihrer körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit, weil der Releasetermin drückt und nicht mehr verschoben werden kann. Wenn der potentielle Kunde Glück hat, wird noch schnell vom Praktikanten eine Demo zusammengestoppelt, die aber oft mehr Schaden anrichtet, als dass sie für das Spiel positiv wirbt.

Also verzichten immer mehr Studios auf die Veröffentlichung einer Demo vor dem Release und stellen selbige lieber nach dem Release zur Verfügung, wenn ein wenig mehr Zeit und Ressourcen vorhanden sind. Da jedoch kurz nach dem Release die Belegschaft schon wieder Crunch-Time hat, um all die Bugs zu fixen, die man für die Releaseversion nicht mehr fixen konnte/wollte/durfte, frickelt dann doch wieder der Praktikant die Demo zusammen. Mit oft dem selben Ergebnis ... schreckliche Demo, Käufer wird abgeschreckt.

Gute, erfahrene Projektmanager und Projekt Leads kalkulieren jedoch bereits vorher die Ressourcen für eine Demo ein. Was dann in der Regel dazu führt, dass der potentielle Kunde pünktlich zum Release (oder kurz danach) auch eine anständige Demo bekommt, an der er sich einen ersten Eindruck vom Spiel verschaffen kann. Manchmal bekommt der potentielle Kunde sogar eine Art kleines, eigenständiges Freeware-Spiel als Demo. So wie bei Starcraft und Warcraft 3, mit eigenen Missionen und Story-Ereignissen. Ist natürlich das Ideal und als solches eigentlich nur von Ausnahmestudios wie Blizzard zu erwarten, die sich die Zeit dafür nehmen wollen und vor allem können.

Neuerdings macht jedoch eine andere Masche die Runde. Vollkommen überwältigt von der Arbeit, die man in Spiele mit sog. Sandbox-Welten stecken sollte, verzichten immer mehr Entwickler darauf, dem potentiellen Kunden überhaupt eine Demo in Aussicht zu stellen. Bei Assassins Creed, Far Cry 2 und nun auch dem neueste Prince of Persia-Teil soll der Kunde gefälligst kaufen, ohne vorher einen Blick auf die angebotene Ware werfen zu können.

Bei Assassins Creed hat man zumindest noch die Ausrede mit der schwierigen Umsetzung gebracht, während man bei nun FarCry 2 ganz offen davon spricht, keine Lust zu haben, dem Spieler einen Welt-Ausschnitt mit einer Spielzeit von 4-6 Stunden zu schenken.

Ok, das ist wenigstens ehrlich. Aber wie auch alle anderen Entscheidungen gegen eine Demo dumm. Strunzedumm! Zumindest nach meinem Dafürhalten. Aber wer bin ich schon? :)

Wenn es keine Demo von einem Spiel gibt, besorgt sich der potentielle Käufer das Spiel eben aus anderen Quellen. Quellen, die dem Entwickler eigentlich nicht recht sein dürften. Auch scheint man bei diesen Teams nicht auf die simple Idee zu kommen, eine Demo mit Zeitbeschränkung zu veröffentlichen. Zwar nicht gerade die feine Art, aber noch akzeptabel, wenn nach ein oder zwei Stunden Laufzeit die Demo automatisch beendet wird.

Gut, man könnte jetzt natürlich sagen, dass sich in der Vergangenheit deutlich gezeigt hat, dass der Großteil der potentiellen Kundschaft mit Freuden auf eine Demo verzichten kann und gleich in der ersten Releasewoche zu den Kassen strömt und viel Geld für wenig Qualität ausgibt, weil man mal wieder lieber den bunten BlitzBlendeVorgauckel-Versprechungen glaubt, als aus den Fehlern und Fehlkäufen der Vergangenheit zu lernen. Zugegeben, das ist, ohne jede Häme und Zynismus, ein gewichtiges Argument. Solange der Hype stimmt und das Geschäftsmodell mit einem einmaligen Kauf abgedeckt wird, klappt sowas seit vielen Jahren ganz hervorragend.

Eine Erkenntnis, die ein ganz spezieller Publisher wohl konsequent ausreizt, denn wer ein wenig nachdenkt, der wird schnell merken, was Spiele wie Assassins Creed, FarCry 2 und Prince of Persia gemein haben ... einen Publisher, der hier ganz gezielt auf eine Demo seiner Produkte verzichtet, weil sie seiner Meinung nach keinen großen Einfluss auf das Kaufverhalten haben und die Ressourcen besser an anderer Stelle eingesetzt werden können.

Bleibt nur die Frage ... wie haltet Ihr das mit Spielen, von denen es keine Demo gibt? Blind kaufen? Einer Review vertrauen? Userforen lesen? Aus dem Netz laden/aus der Videothek ausleihen und sich ein eigenes Bild machen? Oder ignorieren, weil man doch eh genug zum Zocken hat ... )