Sonntag, 6. Juli 2008

The Pirate's Dilemma

Wer dieses Blog schon länger liest, dem ist nicht ganz neu, dass ich Marketing (obwohl hier und da notwendig) für Teufelszeug halte, dass ich große Konzerne (obwohl am Geld verdienen per se ganz und gar nichts schlimmes ist) abgrundtief verachte und dass ich alten, unflexiblen, in Gier und Angst erstarrten Säcken gerne das Ableben erleichtern würde, um besseren, neuen Dingen Platz zu machen (obwohl ich selbst schon über 40 bin und gerne ein hohes Alter erreichen würde).

Deswegen finden sich hier desöfteren Rants und Wutausbrüche, Geschrei und Gezeter, weil ich angesichts so mancher Entscheidungen und Entwicklungen die Fassung verliere und hier im Blog Dampf ablassen muss, bevor der Notarzt gerufen werden muss, weil meine Halsschlagader geplatzt ist. Dies betrifft nicht nur die Spieleindustrie im Allgemeinen wie im Besonderen, sondern auch eine ganze Reihe anderer politischer und vor allem gesellschaftlicher Themen.

Doch da ich bei anderen Themen nicht unbedingt mit dem Wissen aufwarten kann, welches ich bezüglich Computerspiele habe, sondern zu diesen Themen "nur" eine Meinung habe, beschränke ich mich in diesem Blog auf das Thema Computerspiele. Zu anderen Themen gibt es schlauere Menschen wie ich, die sehr viel informierter, gehaltvoller und druckvoller den Finger auf die Stelle legen, an der es schmerzt.

Einer derjenigen Menschen, dies das sehr viel besser können, ist zB. Matt Mason.

Matt hat ein Buch geschrieben. Ein Buch mit dem Titel "The Pirates Dilemma".

Nein, das ist kein Buch, in dem einfach mit einer groben Keule die Konzernwelt als die Bösen und Hacker/Filesharer als die Guten dargestellt werden. In diesem Buch ist nichts von tumber, einseitiger Hacker-Propaganda zu lesen. Ganz im Gegenteil. Dieses Buch dreht sich um folgende, zentrale Frage:

"Do we fight pirates or do we learn from them?"

Man muss nicht allen seinen Äusserungen zustimmen. Man kann hier und da Passagen entdecken, in denen er zu sehr von Einzelbeispiel zu Einzelbeispiel springt, nur um plötzlich, Deus Ex Machina, zu einem Schluss kommt, bei dem eher der Wunsch Vater des Gedankens ist und keine belegbare Argumentationskette. Auch hinterlassen seine Ausführungen zum Thema "Hip Hop" und seinen gesellschaftlichen Einfluss auf die Welt des 21. Jahrhundert bei mir eher Fragezeichen denn erhellende Erkenntnis, weil ich von Hip Hop nicht sonderlich viel Ahnung habe.

Aber Matt schafft es, während seinen wilden Kurven durch die Geschichte der großen Hollywood-Filmstudios, der Punk Musik, der Entstehung und Bedeutung von OpenSource als Bewegung und des großen Motivators namens D.I.Y. aka DO IT YOURSELF, Ausflügen in Richtung Patentwesen, Genetik und Medizin, eines klar und deutlich herauszustellen:

Es ist ab einem gewissen Zeitpunkt nicht nur ratsam, sondern auch überlebenswichtig, Mauern und Hindernisse abzubauen und dafür etwas mehr Freiheit zu wagen! Weil sich dies als die stets erfolgreichere Strategie entpuppt hat. Die Nutznießer der alten Strukturen werden dabei immer etwas verlieren, doch nie alles, denn gleichzeitig öffnen sich neue Chancen und Möglichkeiten. Wer das verstanden hat, wer sich anpassen kann, der wird nie in die Verlegenheit kommen plötzlich festzustellen, dass zB. das einst so prächtig laufende Geschäftsmodell keinen müden Cent mehr abwirft. Oder sich zu wundern, woher denn plötzlich all diesen wütenden Leute mit Fackeln und Heugabeln kommen, die gröhlend und jubelnd die ehem. Elite die Stufen zum Schafott hinauftreibt.

Wer übrigens keine Lust darauf hat, ein Buch zu lesen, der kann sich auch eine grobe (sehr, sehr grobe) Zusammenfassung bei Youtube anschauen, eine Art Teaser-Video zum Buch :)



Weitere Videos
von Matt Mason aka mattjmason2004 rechts an der üblichen Stelle bei DuRöhre.
Das Buch kann man auch kaufen. Oder es sich aus dem Netz ziehen. Ich habe es mir gekauft, NACHDEM ich es aus dem Netz gezogen habe. Weil es trotz seiner Fehler nämlich verdammt lesenswert ist!