Sonntag, 13. Juli 2008

Non-Gaming Interludium XIX - Honey & Clover

Meine Begeisterung für Animes entspricht nicht einem bestimmten Gruppenzwang (ich bin in meinem Bekannten- und Freundeskreis so ziemlich der einzige, der sich sowas reinzieht). Sie entspricht nur marginal einer Faszination für gigantische Kampfroboter und hat, ganz ehrlich, wirklich, nur am Rande etwas mit einer sexuellen Faszination für kindlich-naiv gezeichnete junge Mädchen mit Wespentaille und großen Rehaugen zu tun.

Der Grund, warum ich Animes so gerne mag, liegt darin, wie sie eine gute Geschichte erzählen können und mit ihrem Charme altbekannte Plots mit neuem Leben erfüllen, ohne schal, abgedroschen oder schmalzig wirken. Animes bieten mir das, was ich in westlichen Film- und TV-Produktionen immer seltener finde. Sie rühren mich, wenn ich das mal ganz altmodisch formulieren darf.

Eine der Serien, die mich ganz gewaltig anrühren, ist "Honey & Clover".



Ganz normale Geschichten um eine Gruppe von Kunststudenten.

Da ist Takemoto, der eigentlich nicht so recht weiß, was er mit seinem Leben eigentlich anfangen soll. Takemoto liebt Hagu-chan.

Da ist Hagumi, die Zeit ihres Lebens nur die Kunst geliebt hat. Hagu-chan mag Takemoto. Aber auch Morita-san. Aber das will sie nicht wahrhaben.

Da ist Mayama, der nicht wahrhaben möchte, dass Yamada in ihn verliebt ist, weil er nicht will, dass seine Zurückweisung sie verletzt. Mayama ist rettungslos und hoffnungslos in Rika verliebt, seine Chefin in einer Agentur. Die ihn aber nicht lieben kann, weil sie immer noch ihren verstorbenen Mann nachtrauert.

Da ist Yamada, die Mayama so sehr liebt, dass sie wartet und darauf hofft, dass Rika ihn eines Tages so verletzt und abweist, dass er zu ihr kommen muss.

Und da haben wir Morita. Morita mag eigentlich alle. Er mag es aber nicht, dass er sich in Hagu-chan verliebt hat, weil er letztendlich nur sich selbst liebt.

Hört sich fürchterlich kitschig an, nicht? So nach *ihhhhh, kreisch* typisch Frauenfilm, in den man nur reingeht, damit Frau/Freundin endlich Ruhe gibt und so. Weit gefehlt, weit gefehlt.

"Honey & Clover" umschifft diese Klippe so exzellent, dass ich alter Sack mitunter spontan ein Staubkorn in meinem Auge ausmache, welches natürlich, selbstredend und zweifellos dafür verantwortlich ist, dass ...

Es geht auch um Selbstbestimmung. Um das Verlieren der Angst. Der Angst vor den eigenen Gefühlen. Der Angst vor der Zukunft und der Angst vor den Konsequenzen, die eigene Entscheidungen nach sich ziehen. Es geht um den Zeitpunkt, an dem man sich aufrecht hinstellen und sagen kann: "Hier bin ich! Keine Illusion, die ich um mich herum aufgebaut habe, sondern nur ich. Und das ist gut so!"

"Honey & Clover" ist Erwachsenenunterhaltung für Erwachsene und nicht Rammbamm-BlutundGedärm-Gezuppel für Jugendliche, die gerne erwachsen wären. Nicht, dass ich etwas gegen gutgemachtes Rammbamm-BlutundGedärme-Gezuppel hätte, ganz im Gegenteil, aber es gibt ja noch mehr im Leben als nur die Träume von dicken Muckis und schönen Frauen, die an selbigen Muckis hängen wie Girlanden am Weihnachtsbaum.

"Honey & Clover" ist lustig und traurig und rührselig und ironisch und ehrlich und verspielt und charmant.

Ja, "Honey & Clover" ist charmant. Je älter ich werde, desto wichtiger wird Charme. Charme ist leise. Und ruhig. Und hinterfotzig, weil sich Charme an all den Barrikaden und Selbstschussanlagen vorbeischmuggelt, die man im Laufe des Jahre um seine Seele und sein Herz errichtet hat. Eigentlich müsste ich Charme dafür sofort verhaften und standrechtlich erschiessen lassen. Eigentlich. Geht aber nicht, weil Charme mich dann ganz treuherzig mit großen Augen anlächelt. Und dann dabei Grübchen hat. GRÜBCHEN! Ich mag Grübchen. Unwiderstehlich. Ich kann Charme nicht erschiessen lassen.

Verdammt!