Montag, 31. Dezember 2007

Noch'n Jahresrückblick

Jaja, ich weiß ... Jahresrückschauen, wo das Auge hinblickt. Blabladieses und Blablajenes. Spiel des Jahres hier und Flopp des Jahres dort. Aber was soll ich machen? Das Jahr geht nunmal zu Ende, ein Blog will befüllt werden und als alter Sack fliegen die Jahre eh so ratzfatz an einem vorbei, dass man ab und an innehalten und zurückschauen muss, will man sich nicht im Wandel der Zeiten verlieren.

Also, wie war das vergangene Jahr nun? Highlights? Maßlose Enttäuschungen? Große Aufreger oder "business as usual"? Irgendwelche tollen Trends, die man futurologenmäßig gewagt in die Zukunft projeziert? Beginnen wir daher ganz einfach mit MEINEN Highlights und Enttäuschungen des Jahres.

Die Highlights des Jahres:

Ein ganz klares Highlight waren zwei Spiele für den PC! *hört, hört* Gut, mag daran liegen, dass ich bis vor zwei Monaten nur einen PC als Spiele-Plattform habe :)

Der eine Titel ist "Command & Conquer 3", weil er mich dazu gebracht hat, nach stundenlangem Spielen der Demo die Kane-Edition vorzubestellen. Ich, Harzzach, der alte Sack, der Zyniker und abgeklärte Spiele-Greis, bestelle ein Spiel vor. Ohne erste Patches abzuwarten, ohne die ersten Erfahrungen der üblichen Early Adopters abzuwarten. Wahrscheinlich war ich ob des Umstandes, dass mir die Demo über alle Maßen viel Spass machte, so verdutzt, dass mein Unterbewusstsein die Herrschaft über den Körper errang und den Bestellvorgang durchführte, ehe mein Über-Ich bemerkte, was ich da eigentlich tue. Zum Glück entpuppte sich das fertige Spiel nicht als Rohrkrepierer. Und wenn nächstes Jahr das Addon erscheint ... hrhrhr!

Als zweiter Titel ist natürlich das zweite Addon zu Civilization 4, "Beyond the Sword" zu nennen. Es ist Civilization. Von Firaxis. Stundenfresser, Nachtvertreiber, Augenring-Erzeuger! Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Civilization! Großartig!

Die Enttäuschungen des Jahres:

Man kann es sich vielleicht schon denken ... DIE RIESENENTTÄUSCHUNG des Jahres 2007 war "Hellgate: London". Nicht unbedingt, weil der Titel in einem erbärmlichen Alpha-Stadium auf die Menschheit losgelassen wurde, sondern in erster Linie, weil ich nur fassungslos vor dem Bildschirm sitzen konnte und mitansah, wie erfahrene Top-Entwickler ein so simples Spielprinzip und so ein erstklassiges Szenario aus vollem Lauf ungespitzt in den Boden gerammt haben.

Ebenfalls maßlos enttäuscht war ich von "Overlord". Oh, was hätte das für ein feines Spiel werden können. Schön anzusehen! Genau der passende Humor zum passenden Szenario! Ein frisches und spassiges Gameplay! "Overlord" wäre so ein Spiel gewesen, dem ich viel verziehen hätte. Krude Steuerung (der Billig-Konsolenport lässt grüßen!), nervige Savepoint-Scheisse, noch entnervendere Pathfinding-Probleme und bisweilen zähes und ermüdendes Fließband-Gameplay beim Rekrutieren der Minion-Horden. Das alles wäre nicht so schlimm gewesen, hätte man nicht vergessen, das Spiel mit Inhalt zu füllen. Nach ca. 4-6 Stunden hatte man alles gesehen, "Overlord" wurde schlagartig stinkeödelangweilig. HGL war zwar eine enorme Enttäuschung, aber bei "Oversuck" wurde ich regelrecht wütend! So schade, so schade!

Die Trottel des Jahres:

Nun, frei nach Bad Religion: "A thousand more fools are being born every fuckin day!". Trottel gab es also auch 2007 mehr als genug. Ich brauche da nur ab und an ins Badezimmer zu gehen und in den Spiegel zu schauen ;)

Dennoch möchte ich drei Herren ganz besonders als Trottel des Jahres 2007 auszeichnen. Vor allem, weil sie par excellence demonstrieren, wie sehr es der menschlichen Vorstellungskraft gelingt, die Wirklichkeit komplett auszublenden, wenn man sich nur genügend anstrengt. Und da dies hier ein Gamer-Blog ist, erwähne ich die üblichen Vollspacken aus Politik und Wirtschaft nicht, sondern beschränke mich nur auf drei Herren der Spiele-Schöpfung, die den Triumph des Willens in ganz besonderem Ausmaß verkörpern.

Da wären zum einen Todd Hollenshead von ID Software und Trond Arne Aas von Funcom, die immer noch kapiert haben, dass nicht die sog. "Piraterie" schuld an schlechten Umsätzen hat, sondern schlechte oder unbeliebte Spiele, die keiner kaufen möchte. Ich verweise in diesem Zusammenhang aktuell auf "Call of Duty 4" hin, welches ungeachtet der massenhaften Verbreitung von PC- und 360-Images im Netz die Verkaufscharts klar dominiert und mit dazu beigetragen hat, dass Activision umsatzmäßig mittlerweile sogar an Electronic Arts vorbeigezogen ist. Wie auch damals bei "Doom 3", als der Sprecher von Activision Deutschland, befragt nach der hohen Anzahl von Images im Netz, nur meinte, dass Activision sich nicht um Leute kümmere, die nicht für ihre Produkte zahlen würden. Zugleich bedankte er sich bei allen Käufern von "Doom 3", die mit dazubeigetragen hatten, das seinerzeit erfolgreichste Quartal Activisions zu erwirtschaften.

Zum anderen wäre da ein Bill Roper, dessen Äusserungen und Interviews zu HGL und vor allem zum umstrittenen Abo-Modell dieses Titels immer klarer erkennen lassen, dass der gute Mann jeden Kontakt zur Wirklichkeit verloren hat und in einer Welt lebt, in der sich die Wirklichkeit gefälligst an bunten Kraftpunkt-Folien zu orentieren hat, weil man den Unterschied zwischen lustigen Umsatzprognosen und der Arbeit, diese Umsatzprognosen auch in die Wirklichkeit umzusetzen, irgendwann vergessen hat. Doch ist er da nicht der einzige mit diesem Denkfehler und in trauter Gesellschaft mit vielen, vielen anderen Menschen. Aber ich will nicht in andere Gefilde abschweifen, dies ist immer noch ein Special Interest-Blog.

Guru des Jahres:

Ich gestehe, dass ich hier ein wenig voreingenommen bin. Ja, Warren Spector hat im Vorfeld des Releases zu Deus Ex 2 und direkt danach haufenweise Unsinn erzählt und brav das Rädchen in der Marketing- und Hypemaschine des Publishers gespielt. Dennoch ... wer Sätze sagt wie: "Irgendwann in den letzten beiden Jahren bin ich zu einem verbrämten alten Mann geworden, der ständig Dinge grummelt wie 'früher war alles besser'", der kann kein schlechter Mensch sein.

Und wer weiß? Vielleicht wacht Bill Roper auch eines Tages auf und merkt, welchen zT. nur noch grotesk zu nennenden Schwachsinn man von sich gibt, wenn man zu tief im Sumpf des Corporate-Universum steckt ...

Überraschung des Jahres:

Zur Ehrenrettung der Flagship Studios sei gesagt, dass nicht alles Gülle ist, was von dort kommt. In einer der besten Entscheidungen (wenn nicht sogar die einzig gute Entscheidung, die man dort getroffen hat), engagierte man Travis Baldtree, den Kopf hinter "Fate", damit dieser ein voll spielbares Testumfeld für HGLs Server-Architektur erstellen sollte. "Mythos" ist so ein herrlich feines Kleinod, dass ich Terrance auf Knien dafür danken könnte, dass er mir einen Beta-Invite zukommen ließ. Übrigens, es verdichten sich die Anzeichen, dass Mythos nächtes Jahr den Beta-Status verläßt und offen und frei für alle wird. Vielleicht würde ich hier sogar extra Geld für einen Premium-Account ausgeben ...

Trends des Jahres:
Dieses Jahr bin ich mit der Masse gegangen. Ich habe mir einen Nintendo DS gekauft. Ich habe Geld für DS-Spiele ausgegeben. Ich habe jetzt die Feiertage über meine Truppen, bequem im Sessel lümmelnd, in "Advance War Dual Strike" durch die Gegend geschickt. Ich habe nochmals mit "Final Fantasy 3" angefangen, weil ich eine andere Job-Kombi ausprobieren wollte. Ich habe verzweifelt versucht genügend Atem in das Mikro des DS zu pusten, um in "Phantom Hourglass" Kerzen auszupusten oder nach NPCs zu rufen, weil ich dabei nur noch lachen musste. Und ich bin der festen Überzeugung, dass derartige Interface-Möglichkeiten die Zukunft des Computerspieles darstellen werden. Zusätzlich zum einfachen, eingängigen und direkten Steuern eines Spieles per Touchscreen und Stift.

Auch werde ich mich nächstes Jahr noch sehr viel stärker in der Indie-Szene umsehen und dort einen Teil der Kaufkraft zurücklassen, die ich seit geraumer Weile den großen Publishern immer mehr vorenthalte. Denn der PC ist als Spieleplattform alles andere als tot, da er IDEAL ist, um kleinen Entwicklern als Basis für Nischengenres zu dienen. Das große Geld kann man in diesen Nischen natürlich nicht verdienen. Aber wenn ein Spiel wie zB. "Aquaria" nur von zwei Leuten gemacht werden kann, anstatt den heute mittlerweile üblichen Hundertschaften, braucht man auch keine Chartplatzierungen und Millionenumsätze, um davon leben zu können.

Das Non-Gaming Interludium des Jahres:
Kara Thrace hatte mich dieses Jahr so sehr vom Hocker gehauen, dass ich wie ein kleiner Junge, nervös und aufgeregt auf die Bescherung wartend, dem Start der vierten und letzten Staffel von Battlestar Galactica entgegenfiebere. Ja, es gab dieses Jahr jede Menge gute Dinge zu sehen, zu hören und zu lesen. Ich habe auch den Eindruck, dass es vor allem in den letzten zwei, drei Jahren TV-Serien gelingt (seien sie aus Hollywood oder dem fernen Nippon) Sturgeons Law zumindest abzuschwächen. Ja, es gibt natürlich immer noch jede Menge gräßlichen Schrunzes. Aber angesichts der Menge qualitativ hochwertiger Serien scheint zumindest in diesem Bereich vielleicht nur noch 85% von allem Mist zu sein :)

Dennoch hat mich schon lange nichts mehr so gepackt wie Ronald Moores Neu-Interpretation einer der größten Peinlichkeiten der amerikanischen TV-Geschichte. Wer hätte das gedacht, wer hätte das jemals gedacht ...

Ausblicke:
Und nun? Was wird uns 2008 bringen? Wird der PC nächstes Jahr jetzt aber endlich tot sein? Werden sich notgedrungen Microsoft und Sony zusammschliessen müssen, um der weiter um sich greifenden Dominanz Nintendos Einhalt zu gebieten? Wird der Duke doch wieder nicht kommen?

Ich habe keine Ahnung, ich weiß es nicht. Das ist hier auch nur ein kleines Privat-Blögchen und kein professionelles Glaskugel-Observatorium. Ist daher volkommen egal! Hauptsache, ich habe auch nächstes Jahr genügend Gelegenheit und Grund dieses Blog weiterzuführen.

Guten Rutsch!