Donnerstag, 17. September 2009

Retro-Grenzen

Früher, ja früher ... da haben wir die 16 Farben der EGA-Palette noch von Hand oben in den Bildschirm nachgefüllt. Die ganz Harten, die Unbeugsamen, die malten das Geschehen auf dem Bildschirm noch in Neongrün oder Bernstein nach, gemäß den Vorgaben eines Neunnadel-Ausdrucks. Jahaaaaa, damals ... da mussten wir jedes Pixel noch im dicksten Schneesturm, bergauf und barfuß einzeln in die CPU schieben. Die Jugend von heute weiß doch gar nicht, wie gut sie eigentlich hat *grummelbrummelzeterrollstuhldurchdiegegendschieb*

Zudem bekomme ich gerne das Kotzen, wenn ich Spielejournalisten großkotzig und überheblich von "grau-braunem Pixelbrei" reden höre oder man sich bei den mittlerweile üblichen Retro-Rückblicken verächtlich über eine graphische Darstellung auslässt, die vor 10 Jahren bei eben GENAU DIESEN Leuten noch für offene Münder und unkontrollierten Speichelfluß gesorgt haben. Mir rollen sich immer noch ein wenig die Fußnägel auf, wenn ich zB. in Foren das übliche "Spiel sieht geil aus = muss auch geil sein!"- , "Spiel sieht scheisse aus = weg mit dem Rotz!"-Gebrabbel unwissender kleiner Kinder lese. Angesichts des optisch perfekt produzierten, aktuellen Spieleangebots langweile ich mich zu Tode, weil hinter dem all dem schicken Äusserlichen nur heisse Luft steckt.

Doch gestern musste selbst ich zugeben, dass man gewisse technische Fortschritte im Spielebereich nach Möglichkeit beibehalten sollte, denn alles hat seine Grenzen. Selbst mein arrogant-überhebliches "Optik ist nichts, Inhalt ist alles!"


*yuck blähh arghll*

So habe ich dereinst "Dark Forces" auf meinen treuen, alten 486er gespielt. Die niedrigste der drei Detailstufen, weil für die Vollbilddarstellung bei maximalen Details die Rechenpower nicht ausreichte. Habe ich die zweite Detailstufe gewählt, musste ich den Bildausschnitt (wie damals üblich) verkleinern, was mich trotz " Man kennt es ja nicht anders" auf dem schnuckelig-kleinen 14Zoll-Monitor in die Arme des nächsten Optikers getrieben hat. Ein gewisses Briefmarken-Format ist wirklich nicht zu empfehlen. Aber genau wegen dieses "Man kennt es ja nicht anders", war das auch vollkommen in Ordnung. Wenn sich irgendwo hinten links drei weiß-graue Pixel bewegt haben, dann war das ein Stormtropper, der kurz darauf sein Pixeldasein aushauchen durfte.


*hmmm, nun ja ...*

Heute jedoch ... nach nicht einmal einer vollen Minute musste der Herr hier den nostalgischen Ausflug in die Vergangenheit abbrechen. Alles was Recht ist, aber irgendwann kann man es mit der Retromania auch übertreiben. Hat schon seinen Grund, warum ich ein Doom oder ein Heretic ja auch nicht mehr im Original, sondern im Rahmen eines der modernen Sourceports zocke.


*ahhh, much better*

Die höchste Detailstufe ist für so manch andere Leute zwar immer noch im höchsten Ausmaß Augenkrebs erzeugend, doch so habe ich Dark Forces erst auf diesem schnieken Pentium 133 erleben dürfen. Geil, was? Kann man sogar aus der Entfernung noch die Texturdetails der Schaltstation erkennen. Gut, ich kann mir natürlich eine bessere Graphik vorstellen, so ist das nicht, und träume immer noch davon, dass der "Dark Forces-Mod" für Jedi Academy noch zu meinen Lebzeiten fertiggestellt wird. Aber mir genügt es bei diesem Spiel, was ich auf "Details Hoch" zu sehen bekomme. So kann ich sogar auf einem 26Zoll-Flatscreen gute Erinnerungen wieder zum Leben erwecken und wenn ich plötzlich feststelle, dass ich, anstatt diverse andere Dinge zu erledigen, wieder gebannt durch die Abwasserkanäle von Anoat City stapfe und ich das Gurgeln der Dianogas erneut hassen lerne ... hehe!

Dennoch, bei aller Liebe zu diesem Spiel im Speziellen und alten Spielen im Allgemeinen ... man muss sich nicht mehr alles von Früher (tm) so originalgetreu wie nur möglich geben. Ich bin so gnädig und gestehe dem Fortschritt zu, auch im Mikrominiatur-Universum meines persönlichen Geschmacks seine Spuren zu hinterlassen.