Samstag, 12. Mai 2007

Vielen Dank Valve!

Nein, das hier wird kein Rant! Ganz im Gegenteil!

Gestern abend das dringende Bedürfnis gehabt HL2 zu zocken. Nein, ich habe keine Erklärung dafür. Ja, ich war nüchtern. Nein, keinen Tropfen Alkohol oder sonstige berauschende Substanzen. Ok, der Kenia GFOP Milima hat schon ne Menge Teein, aber das stecke ich normalerweise gut weg ;) Lag wahrscheinlich daran, dass ich seit kurzem frischgebackener Besitzer einer Kreditkarte bin (himmel nein! nicht extra, um spiele zukaufen. "normale gründe ;) ). Und dass ich mit HL2 beim Release doch größtenteils Spass hatte, auch wenn's zum Schluss nervig wurde. Da dachte ich mir also: Kannste doch auch für zahlen, kost ja im HL2-Pack mit Ep. One und Lost Coast nur noch knapp 18 Euro. Gesagt, getan!

Ich möchte mich also nun in aller Deutlichkeit bei Valve herzlichst dafür bedanken, dass sie dem Spieler mit HL2 Episode One die Möglichkeit geboten haben, via Audio Commentary durch die Entwickler, Hintergrundinformationen zu bestimmten Designentscheidungen und/oder Spielszenen zu erhalten.

Ganz allgemein betrachtet ist das ein sagenhaftes Feature, welches sich wunderbar als Kaufargument für eine Special Edition machen würde. Ich finde es höchst erstaunlich, dass ich das bis auf Lost Coast und Episode One noch nirgendwo sonst in einem Spiel angetroffen habe. Bei Filmen interessiert es mich brennend, was Schauspieler, Regisseur, Kameramann und sonst wer zu erzählen haben. Ich schaue mir einen Film so min. drei-, viermal an (deutsche Synchro, OmU, OoU ;), Audio Commentaries). Ich will einfach soviel wie nur möglich über den Film wissen. Für mich waren und sind diese Specialfeatures fast der einzige Kaufgrund für eine DVD. Für eine DVD, die zwar nicht viel kostet, aber dafür auch nix extra zu bieten hat, sind mir selbst diese wenigen Euro zu schade.

Und im Speziellen, bezüglich den Werken aus dem Hause Valve, oder generell heutigen Egoshootern sei gesagt, dass mir nach kompletten Anhören aller Kommentare aus Episode One klar wird, warum das auf absehbare Zeit wohl mein letzter Egoshooterkauf sein wird.

Nein, nicht, weil ich das Spiel so schrecklich fand. Episode One war zwar kurz, aber dafür bisweilen recht unterhaltsam. Die aufgepimpte Source-Engine sah gut aus, vor allem das Leveldesign der Combine-Fortress atemberaubend. Alleine der Blick auf das pulsierende Kraftfeld des Festungsreaktors ist schon ein toller Anblick gewesen. Muss man live sehen, kein Screenshot könnte dem Rechnung tragen.

Ja, aber, warum ist das trotzdem Dein letzter Kauf in diesem Genre? Kapier ich jetzt nicht ...

Man sollte dazu noch erwähnen, dass ich Episode One sehr schnell nur noch im Godmode gespielt habe, damit ich mich voll auf die Kommentare konzentrieren konnte, ohne dass ich derweil von diversen Gegnern massakriert werde.

Ok, lass es mich so ausdrücken ... anhand der Kommentare wurde mir bewusst, was GENAU mich im Grunde an heutigen Egoshootern so stört. In vielen Szenen und Stellen wurde von den Entwicklern auf die Schwierigkeit eingegangen, den Blick und/oder die Aufmerksamkeit des Spielers auf bestimmte Sequenzen, Dialoge und Ereignisse zu lenken. Es wurde detailliert erklärt, warum ein Level so aussieht und welches die Überlegungen waren, die zu diesem Ergebnis geführt haben. Was ich dabei so verblüffend fand ... inhaltlich haben sich diese Aussagen kaum noch von denen eines Filmregisseurs unterschieden. Moderne Ego-Shooter, genauergesagt, Singleplayer-Ego-Shooter werden wie ein Actionfilm konzipiert. Mit Handlungsabläufen, mit Überraschungseffekten, mit ruhigen und schnellen Passagen, immer den Gedanken im Hinterkopf, dem Spieler ein tolles (Film)Erlebnis zu bieten.

Und GENAU DIESES heutige Verständnis von Gamedesign für Ego-Shooter, in meinen Augen ein krasses Mißverständnis, ist für mich die Erklärung, warum ich immer weniger Lust verspüre ein Spiel aus meinen einstigen Lieblingsgenre anzufassen.

Liebe Leute, so toll die geskripteten Ereignisse bei HL1 auch waren, so haben sie nahezu die komplette Entwicklerszene auf einen vollkommen falschen Pfad geführt. Denn ich spiele ein Spiel, um SELBER zu interagieren. Um SELBER zu entscheiden wann ich was wie wo mache. Wenn ich eine ausgetüftelte Abfolge aufwendig vorbereiteter und produzierter Szenen sehen will, dann ... richtig ... schaue ich mir einen FILM an. Und genau dieser Unterschied zwischen einem aktiven Medium wie einem Spiel und einem passiven Medium wie einem Film wird gerade bei heutigen Egoshootern kaum noch beachtet. Im Bemühen, das im Grunde sehr simple Spielprinzip aus den Goldenen Tagen der Egoshooter zu erweitern, hat man sich weit von dessen Wurzeln entfernt und zu sehr der Inszenierung eines Actionfilmes angenähert. Berauscht von der Vorstellung, ebenso tolle Actionsequenzen im Spiel nachzustellen und genau diese emotionale Anspannung beim Betrachten solcher Szenen ebenso beim Spielen zu erzeugen, verkommen heutige Egoshooter zu .. ja, zu auf Hochglanz polierten Blendern, bei denen ich, der Spieler, im Grunde störe und mit Hilfe von entsprechenden Skripereignissen und -auslösern zum reinen Statisten degradiert werde. Dem man nur in bestimmten Bereichen freie Handlungsabläufe erlauben kann, weil er sonst den Film stören würde.

So nett Half-Life auch ist. Und so gut es auch aussieht. Und so sehr ich auch (im Godmode unbehelligt die Gegend erkundend) Spass dabei habe. Das ist im Grunde kein Spiel mehr. Und für weitere interaktive Graphikdemos werde ich kein Geld mehr ausgeben.

Von daher: Vielen Dank Valve! Das ist ehrlich gemeint! Vielen Dank dafür, dass ihr mir anhand der Audio Commentaries gezeigt habt, worauf es Euch beim Design heutiger Shooter ankommt. Dass Eure Vorstellung sich nicht mit meiner deckt, ist nicht so schlimm. Nicht schlimm für mich. Ich kann künftig jetzt ganz entspannt auf solche Spiele verzichten, ohne dass nicht doch irgendwo im Hintergrund der Mann im Ohr lauert.

Ach ja, noch ein Grund ... ein sehr komischer Grund, desen Auslöser und Ursache ich noch nicht so exakt einschätzen kann. Je STÄRKER ein Shooter versucht reale Schauplätze mit realistischer Graphik nachzuahmen und darin heftige Feuergefechte abzufackeln, desto WENIGER Bock habe ich mich darauf einzulassen. Episode One war am stärksten in der surrealen Vorhölle der verwüsteten Combine-Festung. Episode One war am schwächsten zum Schluss, als ich überhaupt keine Lust mehr verspürte zwischen den *gähn* Containern eines *schnarch* Güterbahnhofes die entscheidente Munitionskiste für den Raketenwerfer zu finden.

Diese Analyse hebe ich mir besser für ein anderes Mal auf ...