Samstag, 28. April 2007

Retro-Impressionen: Chrono Trigger

Chrrrrrono Triggerrrrr! Erwähnt man gegenüber alten Konsolen-Säcken diesen Namen, so wird hier in 8 von 10 Fällen unkontrollierter Speichelfluß einsetzen, der Blick des Angesprochenen richtet sich in weite Fernen, während das Hirn von aufkommenden Bildern und Erinnerungen heimgesucht wird. Also so ähnlich wie bei Atlan und seinem Extrasinn! Immer wieder fällt dieser Name, wenn von den glorreichen Zeiten der SNES-Ära die Rede ist. Immer wieder fällt dieser Name in TopTen- und AllTimeFavourite-Listen. Und wenn schon John Romero (trotz seiner IonStorm-Ekapaden immer noch ein begnadeter Gamedesigner) Chrono Trigger als sein Spiel für die berühmt-berüchtigte Einsame Insel bezeichnet, dann muss doch irgendwas vielleicht doch dran sein, oder?




Und so geschah es, dass Harzzach zur Tat schritt, den Emulator anwarf, das ROM ludt und sich aufmachte, der Wahrheit auf die Spur zu gehen. Ist Chrono Trigger wirklich so gut, wie überall behauptet wird? Oder ist das wieder nur das übliche Gemurmel alter, seniler Säcke, deren Lücken in der Erinnerung großzügig mit glorifizierenden Übertreibungen überdeckt werden? Harzzach will dem Leser jetzt nicht zumuten, all die vielen Zeilen seines Geschreibsels lesen zu müssen, bis er am Ende ein wie auch immer geartetes Fazit präsentiert. Nein, Harzzach will es gleich zu Anfang sagen:

Sie hatten alle Recht! Chrono Trigger ist tatsächlich so gut!


Ok, warum aber? Das Spiel hat schon über 12 Jahre auf dem Buckel. Erschienen auf einer Konsole der 16bit-Generation. Nur vergleichweise simple 2D-Graphik. Nach heutigen Maßstäben bescheidene Audio-Kapazitäten. Was hat dieses Spiel nur an sich, dass es Harzzach, einen abgestumpften und verwöhnten, maßlos anspruchsvollen und verbitterten alten Sack, so sehr in den Bann zieht?

Nun, ganz einfach. Es macht unglaublich Spass! Es ist motivierend! So sehr motivierend, dass Harzzach als Savepoint-Hasser nur sehr selten zu den Savestat-Features des Emulators greift und das Spiel so spielt, wie es damals auf der Konsole möglich war. Das Erstaunliche am Gesamtpaket "Chrono Trigger" ist vor allem, dass zum einen alle Einzelelemente von herrausragender Qualität sind (Graphik, Sound, Musik, Gameplay, Kampfsystem, Story) und zum anderen diese Einzelelemente alle gleichberechtigt zum Spiel als solches beitragen. Harzzach kann die Euphorie jetzt nachvollziehen, die manche Leute beim Gedanken an Chrono Trigger immer noch befällt. Harzzach ist ja selbst vom Spielen eines über 12 Jahre alten RPGs vollkommen euphorisiert ;)

Ok, ich gehe dann doch mal auf einige Punkte ein. Soll ja niemand dumm sterben müssen.

Die Graphik:
Ja, ist "nur" 2D. Sieht aber für ein 2D-Spiel unverschämt gut aus. Und ballert Dich mit allen möglichen Effekten zu, die damals der SNES-Hardware zu entlocken waren. Vor allem die Pixel-Animationen der Figuren sind einfach nur zuckersüß zu nennen. Harzzach muss zugeben, dass der sog. "Emotional Impact" einer kleinen Spielfigur, bei der zum Ausdruck von Gefühlen nur ein paar Pixel verändert werden, sehr viel größer ist, als bei all den aktuellen 3D-Spielen, die mit aller Gewalt versuchen reale Menschen nachzubilden. Dass dies vor allem japanischen Gamedesignern so gut gelingt, liegt wahrscheinlich an ihrer Bildwelt, welche stark von Symbolen und Abstraktionen geprägt ist, da die drei der vier in Japan gebräuchlichen Schriftarten (Hiragana, Katakana und Kanji) keine Buchstaben in unserem Sinne kennen, sondern Symbole und Hieroglyphen verwendet.




Der Soundtrack:
Chrono Trigger ist für mich eines der wenigen Spiele, bei denen die musikalische Untermalung nicht nur hervorragend zur jeweiligen Spielsituation passt, sondern jedes Stück auch alleine für sich Hitqualitäten hat. Harzzach ertappt sich dabei, dass er (wenn er nicht gerade spielt), den Soundtrack rauf und runter hört. Was ihm in der Vergangenheit eigentlich nur bei System Shock 2 und Unreal passiert ist. Absolut hörenswert! Deswegen hier auch der komplette Soundtrack als Flash-Stream :)



Das Kampfsystem:
Im Grunde ist das Kampfsystem von Chrono Trigger das übliche Nippon-RPG-System. Rundenbasiert, Battle-Gauge-System, herkömmliche Waffen und Magie, Spezialattacken. Square hat dieses Gameplay jedoch meiner Meinung nach zur Vollendung geführt. Zum einen wird der starre Ablauf der Kampfrunden dadurch aufgelockert, dass Partymitglieder und Gegner nicht fix auf der jeweils rechten oder linken Bildschirmseite stehen, sondern sie während des Kampfes quer über die Arena flitzen, hasten und rennen. Gegner benutzen manchmal herumliegende Gegenstände, um diese nach der Party zu werfen. Die Kombo-Attacken der Party sind ebenso mannigfaltig und dynamisch dargestellt, so dass man manchmal auch schwächere Attacken einsetzt, nur um die Animation zu betrachten.

Ganz hervorragend sind die Bosskämpfe gestaltet. Ist es anfangs noch möglich, diese einfach durch anhaltende einfache Attacken zu besiegen, so muss man im weiteren Spielverlauf Grips und Vorstellungskraft bemühen, um mit Hilfe verschiedener Ansätze und den Kombo-Möglichkeiten der insgesamt 6 Partymitglieder (von denen immer nur drei gleichzeitig spielbar sind) den Schwachpunkt der Gegner herauszufinden. Man steht auch nur selten wie der Ochs vor dem Berg, wenn man an einem Gegner scheitert, sondern merkt sehr schnell, was man wo falsch gemacht hat. Was dazu führt, dass Harzzach nach einem verlorenen Kampf nicht frustriert und verkniffen den letzten Spielstand lädt, sondern solange bespasst und motiviert weitermacht, bis der Gegner besiegt ist.




Dass da die Story mit ihren verwinkelten Zeitreise-Abhängigkeiten und Einflüssen auf den in gewissem Maße beinflussbaren weiteren Spielverlauf, einer Handvoll von alternativen Spiel-Enden und Sidequests einen sehr schönen Rahmen bildet, überrascht nicht wirklich, sondern trägt fast schon beiläufig zu diesem einzigartigen Spielerlebnis namens Chrono Trigger bei.

Ist Chrono Trigger also das perfekte Spiel? Nein, ist es (zum Glück) nicht. Neben den aus der Warte heutiger Spielstandards zT. gewöhnungsbedürftigen Interface-Nicklichkeiten kommt auch ein manchmal etwas lästiges planloses Herumirren durch die Zeiten und Welten dazu, weil vor allem die Sidequests ohne ein Questlog (was habe ich wo gemacht, was muss ich wo machen) ohne Walkthrough nur schwer lösbar sind, bzw. viel, viel Geduld und Zeit erfordern, bis man alle Orte und NPCs nach Hinweisen abgeklappert hat. Aber das sind wirklich nur Kleinigkeiten, die vor allem auf dem zeitlichen Abstand basieren, mit dem ich das Spiel als Harzzach aus dem Jahre 2007 spiele und nicht Annodunnemals 1995.

Alles in allem ... eines der schönsten Spiele, die ich kenne. Jedes Lob, jede Auszeichnung und jede hysterisch-euphorischen Jugenderinnerungen kann ich nun aus ganzem Herzen nachvollziehen.

Wunderwunderwunderschön!