Donnerstag, 26. April 2007

Die Zukunft der Spielebranche - Werbung

Abschliessend hier nun der dritte Teil meiner kleinen Kristallkugelschau.

In der Einleitung zu dieser Mini-Serie hatte ich großartig davon getönt, wie es Werbung in Spielen ermöglichen könnte, nicht nur diese ganze "Raubkinderfickerneonazikopier"-Diskussion zu beenden. Nein, wie es auch möglich wäre die Spieleindustrie von dieser speziellen Paranoia zu befreien, mit der sie sich seit ihrem Bestehen herumschlägt.

Die Rede ist, ja richtig, von Werbung. Werbung in Spielen kennen wir ja bereits. Vor allem aus einigen EA-Titeln und dem peinlichen Sam Fisher-Kaugummiauftritt. Wir als Kunden und Spieler sind mit diesem Konzept bereits vertraut. Die Publisher und Entwickler machen damit bereits gute Geschäfte. Auch wenn es bereits erste Erkenntnisse über die zT. miserable Wirkung von Werbeplatzierungen in Spielen gibt (wichtig für die Werbetreibenden), so ist man sich aber einig darüber, dass In-Game-Werbung immer bedeutsamer und "wertvoller" wird (wichtig für die Publisher/Entwickler). Bis 2011 soll der Markt für In-Game-Werbung zwei Billionen Dollar überschreiten.

Was ich nun beschreibe, ist nicht gänzlich auf meinem Mist gewachsen. Und ich bin mit Sicherheit nicht der erste, der diesen Gedanken bez. Computer- und Videospiele hat. Die Grundlage für mein eigenes Mem hat ein Vortrag von Marc Pesce gelegt, in dem er durchaus überzeugend darlegt, wie angesichts der enormen Verbreitung und des "Erfolges" von P2P-Protokollen wie ed2K oder Bittorrent die Zukunft des Fernsehens aussehen könnte.

Den Vortrag gibt es hier schriftlich und hier als Video für diejenigen unter uns, die selbstverständlich aus rein ergonomischen Gründen keine langen Texte am Bildschirm lesen wollen ;)

Das Video dauert ca. eine Stunde, die man sich aber nehmen sollte, denn was der gute Mr. Pesce hier skizziert, ist nur eine einfache Fortführung all der TATSACHEN und FAKTEN, die jetzt schon bereits da draussen anzutreffen sind. Er zählt einfach nur Eins und Eins zusammen und kombiniert einige dieser Einzelelemente. So naheliegend, dass er sich auch selbst fragt, warum das noch niemand umgesetzt hat (darauf gibt er aber auch gleich eine Antwort ;) ).

Grob zusammengefasst beschreibt er eine Zukunft, in der es die traditionellen "Gatekeeper" der Medien nicht mehr gibt gibt, weil sie dank Internet und P2P als zentrales Vertriebsmedium in ihrer bisherigen Form unnötig geworden sind. Denn wozu brauche ich noch einen TV-Sender oder einen Film-Konzern mit seiner ausgefeilten Vertriebsstruktur, wenn der Filmschaffende doch seine Werke mit nur geringem Aufwand SELBER zu den Zuschauern und Konsumenten bringen kann? Wenn die Zuschauer sogar SELBST dafür sorgen, dass die Werke mittles P2P weltweit verbreitet werden, ohne dass der Kreative ausser dem initialen Upload weiter etwas dazu tun muss.

Stellt sich dabei nur die Frage, wie der Kreative dann an sein Geld kommt, denn selbst der idealistischte Künstler will von irgendwas leben können. Die Antwort von Marc Pesce heisst: Werbung! Im Film, in der Show eingeblendete Werbung. Sowie eh schon jeder Sender sein Logo einblendet oder auf kommende Sendungen hinweist, so wird hier Werbung platziert.
SO bekommt der Kreative sein Geld! Nicht mehr vom Zuschauer, sondern vom Werbetreibenden, der zudem auch eine sehr viel bessere Kontrolle darüber hat, wieviel Leute er mit seiner Werbung erreicht. Fosters, weltweit bekannte Bierbrauerei hat vor etwa zwei Jahren bekanntgegeben, dass sie künftig nur noch via Internet Werbung betreiben wollen, weil hier die Erfolgkontrolle sehr viel besser sei, als beim Fernsehen, wo man als Werbetreibender zT. bewusst sein Geld zum Fenster rauswirft, in der Hoffnung es wird schon jemand zusehen. Im Netz kann man jedoch sehr genau festellen, wieviel Leute die Seite mit Werbung angeklickt haben, wie oft auf ein Banner geklickt wurde und (im Falle einer Verbreitung via P2P) wie häufig eine TV-Episode im Umlauf befindlich ist. Die TV-Sender braucht man dann nicht mehr. Die Werbetreibenden wenden sich direkt an die Kreativen. Kein Man in the Middle, kein Zwischenhändler mehr, der die Preise hochtreiben kann, weil es keine Alternativen zu ihm gibt.

Und wie soll dass den Publishern nützlich sein? Schliesslich werden sie damit auch überflüssig?

Jain! Einerseits braucht man die Publisher nicht mehr als einzigen Kanal, um seine Spiele an den Mann/die Frau bringen zu können. Andererseits finanzieren die Publisher viele Projekte und Entwickler vor, die selbst gar nicht die finanziellen Möglichkeiten haben, zwei bis drei Jahre an einem AAA-Titel zu sitzen. Wie könnten also die Publisher die immense Reichweite eines unkontrollierten (!) Vertriebs via P2P nutzen, ohne wegen das Gedankens an Kopien sich verschwitzt und besorgt im Schlafe zu wälzen?

In dem sie Dir, dem Kunden, zwei Versionen anbieten!

Die eine Spiel-Version ist das ganz normale Spiel, wie man es heute im Laden oder Download-Dienst erwerben kann. Für den üblichen Preis. Ohne (!!!!!) Werbung! Die andere Spiel-Version gibt es kostenlos. Kann sich jeder runterladen, der will. Kann auch gerne weiterverbreitet und kopiert werden. Je öfter, desto besser. Der einzige Unterschied zur ersten Version besteht nur darin, dass diese FreeForAll-Version von oben bis unten mit Werbung vollgestopft ist. Ansonsten ist das Spiel inhaltlich identisch zur kostenpflichtigen, werbefreien Version.

Und was soll mir das als Hersteller jetzt nützen?

Nun, ganz einfach. Du schliesst mit den Werbetreibenden Verträge ab, die Dir in Abhängigkeit von den Downloadzahlen höhere Platzierungsgebühren für die Werbung ermöglichen. Quasi ein erfolgsabhängiges Werbemodell. Je mehr Kopien im Umlauf sind, desto mehr Geld verdient man als Publisher/Entwickler daran. Gleichzeitig hat der Werbetreibende eine genaue Kontrolle darüber, wieviel Leute sich diese Kopie gezogen haben, was für ihn von allergrößtem Interesse ist. Gleichzeitig muss sich der Publisher/Entwickler keine Sorgen mehr um Kopien machen, da er ja mit jeder Kopie zusätzlich Geld verdienen kann. Gleichzeitig erreicht man als Publisher/Entwickler durch diese kostenlose und legale (!) Verbreitung einen Haufen Leute, die danach die kostenpflichtige, werbefreie Version kaufen, weil sie das Spiel danach gerne ohne Werbung geniessen wollen. Man macht also DOPPELT Umsatz mit Leuten, die man vorher vielleicht gar nicht erreichen konnte, weil sie nur durch die kostenlose Verteilung auf das Spiel aufmerksam geworden sind.

Wird es so kommen? Ich weiß es nicht. Es steht zu befürchten, dass die Publisher angesichts der zu erwartenden Gewinne zu gierig werden und für mit Werbung vollgestopfte Spiele NATÜRLICH den vollen Preis verlangen. Und die Gamer, in ihren ganz eigenen Gier und Naivität, sich nicht nicht beherrschen können und trotzdem in Scharen zu den Kassen rennen, anstatt einfach mal den Geldbeutel stecken zu lassen ...

Aber dennoch ... ich warte nur auf den Tag, an dem der erste vorprescht und die versammelte Konkurrenz ganz genau zuschaut, wie das Experiment ausgeht. Denn die Vorteile und Möglichkeiten sind enorm. Und P2P wird man nicht aus der Welt schaffen können. Diese spezielle Katze ist längst aus dem Sack. Warum also nicht einfach nutzen, was längst Tatsache ist und sich nicht länger dem Lauf der Welt entgegenstemmen?