Donnerstag, 1. Oktober 2009

Hilflosigkeit und Aktionismus

Man frage mich bitte nicht, was in meinem Kopf vorgehen würde, wenn meine Kinder Opfer eines Amoklaufes durch einen Mitschüler werden, während man sie eigentlich sicher und geschützt in der Schule vermutet. Ich weiß nämlich nicht, was mir durch den Kopf gehen würde. Vielleicht wäre ich Feuer und Flamme für ein Verbot von tausend Dingen. Hauptsache, es würde IRGENDETWAS getan. Vielleicht würde ich auch einfach zu Hause sitzen und hilflos meine Frau anstarren, unfähig ihr in ihrer Trauer zur Seite zu stehen. Ich weiß es nicht.

Von daher erspare ich mir an dieser Stelle die üblichen Vorwürfe an die Generation "Druck mir mal das Internet aus". Von daher kann ich zu einem Arbeitspapier mit Vorschlägen zur Vermeidung/Verhinderung künftiger Amokläufe auch nur sagen, dass man sich zumindest endlich Gedanken darüber gemacht hat, wie Menschen mit entsprechender Veranlagung im Laufe vieler Jahre zu derartigen Taten getrieben werden. Es wird explizit darauf hingewiesen, dass hier vor allem eine sehr hohe Erwartungshaltung der Eltern an das Kind und eine generelle Weigerung in der Familie Probleme zu thematisieren, alles unter den Teppich zu kehren, Jugendliche in die soziale Isolation treiben können. Der Rest dieses Papieres besteht aber leider in der üblichen Handlungsanweisung hilfloser Erwachsener, denen ausser Verbieten und Wegsperren sonst nichts mehr einfällt.

Nun ist es an der Politik, die Vorschläge (!) dieses Papieres zu nehmen und etwas daraus zu machen.

Doch wir kennen unserer Pappenheimer nur zu gut ...

Alles, was mit der Schaffung eines angstfreien Schulklimas zu tun hat, wird geflissentlich ausgeklammert. Die Gören sollen schliesslich buckeln, lernen und nicht Party feiern.

Alles, was mit psychologischer Früherkennung und Prävention zu tun hat, wird nur halbherzig umgesetzt, weil natürlich die Gelder nicht in dem Maße bereitgestellt werden, damit solche Maßnahmen auch sinnvoll eingesetzt werden können. Schliesslich muss die Landesbank vom Vorstandskumpel gerettet werden, weil dieser Vorstandkumpel und seine Bank nämlich "systemrelevant" sind. Das Wohlergehen der Kinder fremder Leute ... also bitte.

Alles, was mit Sicherheitsmaßnahmen zu tun hat, wird ebenfalls nur halbherzig umgesetzt. Hier fehlt natürlich auch das Geld.

Alles, was mit Verboten und Indizierungsmaßnahmen in den Medien, im kulturellen Bereich, in der Freizeitgestaltung junger Menschen zu tun hat, wird vollumfänglich umgesetzt. Verbote sind preiswert, können medial gut präsentiert werden und kommen bei allen Menschen, die davon nicht betroffen sind, immer gut an. Nein, Schützenvereine sollen laut den Vorschlägen der Komission nicht verboten werden. Es wird auch kein striktes, ausnahmsloses Waffenverbot empfohlen. Es werden nur zusätzliche Kontrollmaßnahmen empfohlen. Es wird aber wieder der wissenschaftlich unbelegte Zusammenhang zwischen "Gewaltspielen" und Gewalttaten aus der muffigen Schublade des Vorurteils geholt.

Was also tun? Was können wir Gamer tun, die wir oft genug selber schon Kinder haben?

Drei Dinge, die jeder so frei tun oder lassen kann, wie ihm/ihr danach ist:

- Aufklären. Informieren. Das Gespräch mit denen suchen, die nicht darüber Bescheid wissen, was wir in unserer Freizeit so alles tun.

- Ignorieren. Umgehen. Im Ausland kaufen und Proxy-Server benutzen. Kopieren und Downloaden. Selbst "The Great Firewall of China" ist in erster Linie ein Propagandagebilde.

- Geduld haben. Und noch viel mehr Geduld haben. Die Verteufelung von Computerspielen im Allgemeinen und "Gewaltspielen" im Speziellen ist nichts weiter als eine Generationenfrage. Kommt Zeit, kommt Entspannung. Überlassen wir es unseren Kindern, sich über neue Dinge aufzuregen, die angeblich schädlich für unsere Enkel sein sollen ...