Samstag, 20. Dezember 2008

Taugt das was?

Nun ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk für Freddi :)

Nachdem man mir über Wochen hinweg in den Ohren lag, dass ich doch endlich Guild Wars ausprobieren sollte, war es dann gestern soweit ... die Guild Wars-Trial machte sich dank freundlicher Zusendung eines Trial-Keys im RAM meines Rechners breit. Gut, sonderlich viel Zeit zum Testen habe ich nicht. Ganze zehn Stunden Spielzeit, verteilt über vierzehn Tage, gesteht mir NCSoft zu. Ein wenig mager, aber besser als gar nichts. Nach nun etwa 2 Stunden Spielzeit glaube ich zumindest einen einigermaßen objektiven Ersteindruck von mir geben zu können, bzw. mich mit meiner höchst subjektiven Meinung nicht allzu weit aus dem Fenster zu lehnen.

· Kurz gesagt:
Joahh, gar net so übel!

· Länger gesagt:
Auch wenn meine Hände, so frisch nach WoW, recht ziellos über die Tastatur huschen und teils vertraute und teils unbekannte Hotkeys treffen, auch wenn ich natürlich im Geiste dieses Spiel unfairerweise ständig mit WoW vergleiche und in diesem Moment "nicht wirklich" objektiv sein kann, so schaffe ich es dennoch das eine oder andere Fitzelchen potentiellen Spielspass zu entdecken.

· Und ganz ausführlich gesagt:
Wenn ich mir ein MMO zu Gemüte führe, beginnen meine Mundwinkel in der Regel schon gleich bei der Installation ins Bodenlose zu fallen. Ganz schlimm war hier Turbine (D&D Online, LOTRO), die mich entweder mit mehreren Gigabyte großen, korrupten Installationsdaten frustrierten oder einen Installer verwendeten, dessen Kinderkrankheiten mich Stunde um Stunde zum Herumfrickeln verdammten, anstatt mich mit einem schönen MMO-Einstieg zu vezaubern. Bei Guild Wars hingegen erreicht das Installationsgefühl fast schon Blizzard'sches Niveau, so glattt, flüssig und narrensicher geht das über die Bühne. In Windeseile ist der Trial-Client installiert, in Windeseile ein Account angelegt und ein Charakter erschaffen, umflort von einer geleckten und sauberen Präsentation. Anstatt dass die Tischkante Bekanntschaft mit meinem Gebiß macht, macht ein sich breites Lächeln auf meinen Gesichtszügen breit. SO muss man das aufziehen, wenn man Kundschaft gewinnen will.

Noch heftig unter dem Eindruck meines Taurenjägers wähle ich natürlich auch hier einen Ranger aus. Man möge meine Einfallslosigkeit in diesem Moment verzeihen. Beim nächsten Mal (so es ein nächstes Mal gibt) werde ich mich vielleicht an einem Mesmer versuchen, dessen, respektive deren traditional-english-racing-green-farbenes Gewand mein Auge geradezu mesmerisiert hat. Wäre auch das erste Mal, dass ich ernsthaft versuche einen magie-basierten Char zu spielen. Doch zurück zu meinem Ranger.

Angesichts der wunderhübsch animierten und modellierten Figuren schmiede ich mir dann doch eine Rangerin ...


Ahhh, diese Augen! Und dieser wippende lange blonde Haarschopf! Schnuckelchen!

... und unternehme die ersten Schritte. Mit (fast) allen Graphik- und Detail-Slidern ganz rechts am Anschlag und einer Auflösung von 1680x1050 läuft Guild Wars einerseits richtig gut und flüssig und sieht dabei (nur ausgehend von den Effekten) besser aus als WoW, welches seit WotLK, respektive Patch 3.0 massiv Performance frisst, wenn man nur den Hauch einer Schattendarstellung verwendet, gleichgültig, ob der Rest überall auf Minimum steht. Das ist schon mal ein deutlicher Pluspunkt. Deswegen auch gleich mal drei zusätzliche Screenshots :)





Was das Interface betrifft, so irren Finger und Augen anfänglich ein wenig hilflos über Tastatur und Bildschirm, was nun aber NICHT am Interface, sondern an meinen Reflexen liegt, die immer noch stark nach WoW müffeln. Doch diese Phase ist recht schnell überwunden, ich finde mich immer besser zurecht. Und finde zumindest nach 2 Stunden nichts zu mäkeln. Guild Wars spielt sich einfach, ich beschäftige mich schnell mit den Spielinhalten, anstatt immer noch mit dem Interface zu kämpfen.

Etwas irritierender ist der Umstand, dass die komplette Aussenwelt instanziert ist und man andere Spieler nur in Städten und anderen größeren Ansiedlungen antrifft. Was ich persönlich etwas schade finde, denn trotz unangenehmer Begleiterscheinungen wie zB. Kill Stealing besteht für mich ein großer Reiz von MMOs darin, überall auf andere Mitspieler treffen zu können und/oder erste Kontakte durch ein beherztes Eingreifen in einen Kampf oder ein unterstützendes Buffen zu knüpfen. Andererseits, hat man früher den Schutz der Stadtmauern verlassen, ist man angesichts der niedrigen Bevölkerungsdichte auch nicht alle Naslang über andere Leute gestolpert. Von daher kann man das auch als atmosphärisches Plus interpretieren ... wenn man möchte.

Was mir nicht so sonderlich gefallen hat, ist die Implementation und Präsentation des Welthintergrundes, der Motivation meines Chars. Warum renne ich hier überhaupt durch die Gegend. Warum gebe ich mir den Stress des Kampfes, wenn ich doch gemütlich zu Hause bei Frau und Kind bleiben könnte? Ein Manko sehr vieler MMOs, welches früher zwar kein so großes Problem war, welches mich heute aber etwas, hmmm, ratlos zurücklässt. Während mir bei WoW und LOTRO am Anfang Story, Lore und Hintergrund an allen Ecken und Enden nur so um die Ohren gehauen wird (was mir bei LOTRO noch besser gefällt als bei WoW), so lässt mich Guild Wars in diesem Zusammenhang ziemlich kalt. Ja, ich soll da irgendeinem großkopfeten König helfen, irgendwie. Aber so wirklich drängend oder wichtig scheint das alles nicht zu sein, was in mir schnell das altbekannte, dezent gelangweilte Sandbox-Gefühl aufkommen lässt.

Aber noch ist das nicht so tragisch, noch ist die Landschaft hübsch, der Pferdeschwanz wippt neckisch hin und her und noch habe ich meine Freude beim Herumspielen mit den ersten Spezialfertigkeiten und Berufen. Und gestorben bin ich auch schon, weil ich dachte, ich könne mit links irgendwelche Stufe2-Banditen vermöbeln. Und ich erledige ständig Quests für Krieger und Mesmer, weil ich meinen Ranger-Lehrer immer noch nicht gefunden (ähm, auch nicht wirklich gesucht), bzw. in alter WoW-Tradition jeden NPC angequatscht habe, dem ein Ausrufezeichen über dem Kopf schwebte und der rein zufällig am Wegesrand stand.

Würde ich Guild Wars nun nach Ablauf der Trial weiterspielen wollen, respektive kaufen?

Schwierige Frage. Kann ich noch nicht beantworten. Nein, doch, kann ich. Denke ich.

Sollte ich eines Tages auf Dauer und anhaltend die Nase voll von WoW haben und mit LOTRO kein neues Abo-Spiel anfangen wollen, dann wäre dieses Spiel definitiv, auf jeden Fall, ganz ehrlich, der erste Anwärter auf den nächsten MMO-Fix. Guild Wars macht einen sehr ausgereiften und durchdachten Eindruck und ist dank seines Geschäftsmodelles auch kein endloses Groschengrab, was mich von dem Drang befreit, im jeweiligen Bezahlzeitraum soviel MMO zu spielen wie nur möglich.

Sprich ... ja, das taugt was!

Und mit diesen Worten verabschiede ich mich in die Weihnachtsferien und werde erst nach den Feiertagen wieder in der Nähe eines Internetanschlusses verweilen. Frohes Fest!