Freitag, 3. April 2009

Retro-Impressionen: Rise of the Triad

Nicht zum ersten Mal beklage ich den, in meinen Augen, höchst bedauerlichen Niedergang des Ego-Shooter-Genres. Es gibt nur wenige Neuerscheinungen, die mein Interesse wecken können und diese wenigen Neuerscheinungen kranken dann entweder an ganz schrecklicher Konsolitis (schwammige Steuerung, dreissig Kilometer großes Fadenkreuz mit Treffergarantie auch für Grobmotoriker, ausschliessliche Verwendung von Savepoints, Cover-System, Unreal3-Engine, Regenerating Health, usw. usf.) oder sie verschenken ihr großartiges Potential durch eine undurchdachte, unausgegorene und schlampige Ausführung.

Eine kleine Auflistung einiger Titel, die mir zu diesem Thema spontan einfallen:

"Dark Sector" ist aktuell zB. ein schönes Beispiel dafür, wie man mir einen an sich potentiell spassigen Titel durch allerlei Fürze und Sperenzchen so madig machen kann, dass ich nicht einmal Lust habe den Prolog durchzuspielen.

"Legendary" hatte Ende letzten Jahres das Zeug dazu, mich aus meinem Shooter-Dornröschenschlaf zu wecken und scheiterte dabei geradezu legendär.

"Gears of War"? Bruhahahaha ... nein, wirklich nicht :-P

"Area 51: Blacksite" war ein verbuggter, unausgegorener Schrott, der seinem Vorgänger alles andere als Ehre machte, obwohl eigentlich alles vorhanden war, um genau so unterhaltsam zu werden wie der Vorgänger.

Also dachte ich, also muss ich wohl für eine Weile in die andere Richtung schauen. Muss ich wohl zurückschauen und mich für eine Weile wieder den Spielen widmen, die damals © dafür verantwortlich waren, dass ich an diesem Genre überhaupt Gefallen gefunden habe. Dabei wiederentdeckt habe ich, unter anderem durch das entsprechende Angebot auf GOG.com, "Rise of the Triad", den inoffiziellen Nachfolger zu Wolfenstein3D, der Großmutter aller 3D-Shooter. Die CD wieder aus dem Regal gekramt, DOSBox angeschmissen, eine Weile gezockt, haufenweise unschuldigen, entspannten Ballerspass gehabt.

ROTT würde heutzutage helles Entsetzen auslösen, beinhaltet es doch so gut wie alles, was manche Menschen in manchen Spielen nicht mehr sehen wollen. Exzessive Gewaltdarstellungen, um ihr Leben bettelnde Gegner, Splattereffekte und entsprechende Geräusche noch und nöcher. ROTT würde, würde es so in dieser Form heute auf den Markt kommen, jedwedes Mediengeschrei um so lächerliche Harmlosigkeiten wie Counterstrike oder GTA sofort durch einen noch nie dagewesenen Entrüstungssturm ablösen. Vergleicht man aber die Gewaltdarstellungen dieses alten Meisterwerks mit aktuellen Spielen, so fällt auf, dass die Gewaltdarstellung als solche damals nicht "schlimmer" war. Heute fliegen ebenso kilotonnenweise Körperteile und Blutspritzer durch die Gegend. Der Unterschied ist nur ... bei ROTT fällt es eben so signifikant auf, weil die Umgebungsgraphik und die Bildeffekte auf Grund ihres vorangeschrittenen Alters vergleichweise detailarm sind, dass der Blick umso stärker auf literweise Pixelblut und herabregnende Augäpfel gelenkt wird.

Abgesehen vom hohen Splatterfaktor dieses Spieles, der im übrigen so derart übertrieben und maßlos eingesetzt wird, dass man im Gegensazz zu vielen aktuellen Spielen mit ihrem düster-ernsten-drögen, pseudo-realistischen Bloß-keine-Witze-machen Ansatz, der dem Spieler keine Möglichkeit bietet, innerlich Abstand zum Geschehen zu finden, nur noch in schallendes, befreiendes Gelächter ausbrechen kann, bietet ROTT etwas, was ich in eben diesen Neuerscheinungen kaum noch vorfinde ...

Entspanntes, nicht mit Zwang versimplifiziertes, sondern einfaches (!) Arcade-Gameplay, bei dem ICH am Drücker bin und das Spielgeschehen kontrolliere, anstatt nur zum Knöpfchendrücker unter strenger Aufsicht des Skript-Designers degradiert zu werden. Ich habe es hier schon einmal gesagt und sage es gerne immer wieder: So unterhaltsam ein Half-Life und seine Nachfolger auch waren, aber Skriptereignisse sind der Tod eines jedes straighten Shooters!

ROTT hat keine Story, ROTT braucht keine Story, ROTT ist ein Shooter, dammich nochmal. Da zocke ich mich eine Stunde durch diverse Level, habe einen Höllenspass und widme mich nach dieser Stunde wieder anderen Dingen. Simple, einfache Unterhaltung. Ich muss nicht ums Verrecken drei, vier Stunden in einem Shooter gehalten werden. Ich muss in Shootern keiner Handlung folgen, ich brauche in Shootern nicht wirklich eine "Motivation", um den Levelausgang zu erreichen. Effektvolles, entspanntes Ballern als solches ist Motivation genug. Will ich Story, dann spiele ich ein Rollenspiel. Oder ein Adventure. Ich habe aber KEINE Lust mehr, dass man mir in einem Shooter irgendeine belanglose, öde 08/15- Story aufs Auge drückt. Ein guter Shooter braucht keine Story, sondern maximal nur ein gutes Setting.

Arcade-Gameplay. Keine unnötigen Story-Elemente. Keine geskripteten Ereignisse, die meinen persönlichen (!) Spielfluß unterbrechen. Ein vernünftiges Savegame-System, welches mir die Entscheidung überlässt, wann, wo und wie ich speichere. So müssen Shooter sein, die mir gefallen. So sollten Shooter sein, wenn künftig Entwickler/Publisher von mir Geld sehen wollen.

Denn in ROTT finde ich all das wieder, was ich in aktuellen Shootern so sehr vermisse.




PS: Es gibt natürlich auch Source-Ports zu diesem Klassiker, wie zB. Winrott. Und sogar 3D-Modelle.