Sonntag, 1. Februar 2009

Avianum - Das Adventure

Es ist Samstag Nacht. Es ist draussen dunkel. Was angesichts des Umstandes, dass es eben Samstag Nacht ist, nicht wirklich verwundert. Es ist auch draussen sehr kalt, was ebenfalls mit einem schnellen Blick auf den Kalender als natürlicher Normalzustand abgehakt werden kann.

Ein wenig verwunderlich ist es aber, wenn man bei lecker Vinho Tinto und Kerzenschein durch lautes Blattgeraschel und aufgeregtes Geflatter aus dem Baum vor dem Fenster ein wenig gestört wird. Definitiv NICHT normal ist der kurz darauf folgende *popp*-Laut, mit dem sich ein Buchfink-Weibchen durch das leicht gekippte Fenster quetscht. Nach zwei panischen Runden im Wohnzimmer dreht der Vogel in Richtung Schlafzimmer ab, um den Flug dort mit einem satten Klatschen an der Zimmerecke zu beenden und hinter einem Tisch zu verschwinden.

Die Cutscene endet und der Spieler übernimmt nach einem kurzen Moment der Fassungslosigkeit die Kontrolle über das Geschehen.

- Öffne alle Fenster der Wohnung.

Du hast alle Fenster geöffnet, durch die zwar Kälte einströmt, der Vogel bleibt dennoch unter dem Tisch sitzen.

- Knie nieder und krieche unter den Tisch.


Ein Paar kleiner, schwarzer Knopfaugen schauen Dich panikerfüllt an.

- Wedele mit den Händen in Richtung des Vogels.


Der Blick scheint eine Spur panischer zu werden, das Weibchen bleibt trotzdem still in der Ecke sitzen. Vielleicht verschwindet der Menschenberg ja von alleine ...

- Stehe auf und schaue ratlos aus der Wäsche.


Der Vogel bleibt sitzen.

- Verlasse das Zimmer und suche in der Küche nach einem großen Plastikbecher für Operation "Käseglocke".


Der Vogel flattert die Wand hoch und schafft es, sich direkt nebem dem offenen Fenster auf ein Regal zu setzen.

- Rede ruhig und langsam auf das Weibchen ein. Mache ihr Komplimente, wie toll die Staubfuseln im Gefieder aussehen.


Der Vogel bleibt sitzen und schaut Dich immer noch panisch aus kleinen, schwarzen Knopfaugen an. Draussen raschelt es ein zweites Mal heftig im Baumgeäst und ein zweiter Vogel macht sich aus dem Staub. Das Männchen? Eine Rivalin? Ein gemeingefährlicher Raubvogel mit einem Flattergeräusch von Sperlingsgröße?

- Wedele hektisch mit den Händen, um das Tier die 20 Zentimeter zum offenen Fenster zu treiben.


Der Vogel fliegt in die Gegenrichtung los, knallt dumpf gegen die hintere Zimmerwand und rutscht zum Entsetzen aller Anwesenden kratzend und piepsend in den schmalen Spalt zwischen Wand und Kleiderschrank. Du denkst nur noch: "Scheisse!" und überlegst ernsthaft, was jetzt sinnvoller wäre. Den Vogel seinem Schicksal zu überlassen und erst morgen früh, wenn es wieder hell ist, den Schrank ausräumen, die Kleiderstangen zwischen Schrank und Wand abzuschrauben und den wuchtigen Regalüberbau, der Schrank und Wand verbindet, abzubauen, um den Schrank soweit vorrücken zu können, dass man die Vogelleiche entfernen kann, bevor sie zu stinken anfängt. Oder die nächsten Stunden der Nacht mit hektischen Rettungsarbeiten zu verbringen ...

- Du räumst hektisch den Teil der Wand neben dem Schrank frei.


Im Wohnzimmer stapeln sich Weidenkörbe und tonnenweise Klamotten.

- Benutze Taschenlampe mit Spalt.


Inmitten langer, dicker Staubfäden hockt ein kleines, verhuschtes Federbündel.

- Benutze Staubsauger mit Vogel.


Bist Du Dir sicher, dass Du das tun willst?

- Benutze Staubsauger mit Spalt.


Vorsichtig wird soviel Staub eingesaugt, wie nur möglich, um einen klareren Blick auf das Tier zu bekommen.

- Benutze langen Schuhlöffel mit Vogel.


Der lange Schuhlöffel ist zu kurz. Das Weibchen schafft es in seiner Panik, sich noch tiefer in den Spalt zu drücken. Du fluchst. Laut. Deutlich. Anhaltend.

- Du räumst den Regalüberbau aus, um mit der Demontage der Schrankwand beginnen zu können.


Die Stapel im Wohnzimmer werden größer. Der Vogel sitzt immer noch tief hinten im Spalt.

- Die Vorstellung, die Nacht mit Schrankausräumen und -abbau zu verbringen, stößt auf wenig Begeisterung. Du benutzt also einen auf volle Länge ausgeklappten Meterstab, um das Tier nach vorne zu treiben, zu schieben.


Es ist zu dunkel, um etwas zu erkennen, weil der Spalt ganz hinten sehr schmal ist. Im Lichtkegel der Taschenlampe sind nur dicke, graue Staubflocken zu sehen.

- Du montierst die Taschenlampe so zwischen Wand und Schrank, dass Du beide Hände frei hast, um den ausgeklappten Meterstab so zu halten, dass er nicht mehr den Lichtkegel verdeckt.


Du glaubst, weit hinten ein kleines Federbündel erkennen zu können.

- Benutze Meterstab mit Federbündel. Halte Luft an.


Ein Dust Puppy nicht unähnliches Tier flattert aus dem Spalt, um es mit letzter Kraft gerade mal ein paar Zentimeter in die freie Fläche zu schaffen.

- Benutze Plastikbecher mit Vogel.


Dust Puppy schaut Dich aus kleinen, schwarzen Knopfaugen ganz groß an.

- Setze das Tier auf das Fensterbrett und schliesse alle Wohnungsfenster.


Gut, dass Du die Fenster geschlossen hast. In der nächsten Viertelstunde fliegt das Weibchen mehrmals gegen die Fensterscheibe, weil es scheinbar komplett die Orientierung verloren hat.

Oder weil da draussen größere Schrecken lauern, als hinter einem Kleiderschrank elendig zu verrecken ...

*schallenendes Gelächter dröhnt aus dem Off, während die Kamera langsam aus dem Schlafzimmer in den Hof hinausfährt, nach oben schwenkt und das Sternenlicht verdeckende dunkle Schatten am Hímmel zeigt, während die Lichtflecke aus den Wohnungsfenstern der Stadt immer kleiner und winziger werden*

Eigentlich mag ich Vögel. Sehr sogar. Nicht nur in Form von Brathühnchen. Gestern Nacht jedoch ...