Für eine Handvoll Euro mehr ...
Vorsichtig traut sich der Besitzer des Waffen-Stores im beschaulichen Karlsruhe Junction wieder hinter dem Tresen hervor. Von draussen hört man das allmählich leiser werdende Hufgetrappel des Pferdes eines schwarz gekleideten Pistoleros, der nur kurz vorher mit gezogenen Waffen den Laden betrat und mit fester Stimme und einem stechenden Blick aus hellen, blauen Augen die Herausgabe einer ganz bestimmten Ware verlangte. So langsam musste er seiner Schwester doch Recht geben ... wäre er doch bloß in Boston geblieben und hätte das elterliche Eisenwarengeschäft fortgeführt. Mit zitternden Händen drehte er das "Geöffnet"-Schild an der Tür herum und beschloß für heute den Laden zu schliessen. Diese ständige Aufregung ist fast zuviel für sein schwaches, altes Herz.
Harry Zarch trieb seine Stute wild an, wollte er doch noch vor Einbruch der Dunkelheit seine Farm am Fuße des Black Forests erreichen. Zwei Wochen lang hatte er unter unsäglichen Mühen versucht, mit einer dieser neumodischen ATI-Flinten die nächtlichen Indianer-Überfälle zu stoppen. Fünf Schafe, ein Dutzend Hühner und eine ganze Kiste guten schottischen Import-Whiskey hatte er an die Rothäute verloren, weil auf Grund ständiger Ladehemmungen und Blindgänger durch die proprietäre Munition der ATI-Flinten an eine vernünftige Gegenwehr nicht zu denken war. Zwei Wochen lang, Nacht für Nacht. Dann hatte Harry genug und fasste den Entschluß, diesen neumodischen Dreck dem Kaufmann in den Rachen zu schieben, bei dem er ihn gekauft hatte und sich wieder eine bewährte Nvidia Rifle mit Repetierlader und solider, guter Schrotmunition zu holen. Weiß der Geier, was Harry geritten hatte, als er sich zum Kauf dieser komischen (französischen?) Waffe hatte überreden lassen.
Schweißüberströmt und am Ende seiner Kräfte trug das Pferd Harry kurz vor Sonnenuntergang durch das Gatter der Farm. Hastig führte er den braven Gaul in den Stall, sattelte ab und gab eine Portion Extrahafer in den Futtertrog. Nicht auszudenken, er hätte hier einen dieser neuen iCore-Züchtungen gekauft. Um kein Geld der Welt würde er sein Pferd aus dem AMD-Gestüt gegen ein anderes eintauschen.
Gerade als die Sonne die letzten Strahlen über den Horizont schickte, drangen schon die ersten Kriegsrufe der Rothäute aus den umliegenden Hügeln. "Hah, diese Bastarde können diesmal was erleben", sagte sich Harry, als er den Schaft der Nvidia Rifle mit Patronen füllte. "Hah!" fügte er nochmals bekräftigend hinzu.
Eine halbe Stunde später gab es kein Indianerproblem mehr.
"Hah!", sagte Harry Zarch ein drittes Mal, als er zur Sicherheit nochmals das Gewehr durchlud. "Warum nicht gleich so?"
Zwar graute ihm schon vor dem Gedanken, morgen in aller Frühe die Sauerei um die Blockhütte herum aufzuräumen, aber zumindest hatte er jetzt endlich Ruhe. Ja, dachte er sich, warum nicht gleich so?