Montag, 9. Februar 2009

Wider das digitale Vergessen

Dass ich gegen jedwede Form von DRM bin, ist ja kein Geheimnis mehr. Dass meine Motivation nicht daher rührt, dass ich ein ganz arg chlimmer Raubmordkopierer bin, der um künftige Downloads fürchtet (DRM war hier ja NIE ein Problem), sondern meine Sorge dem Umstand entspringt, dass ich als Kunde und Käufer meine erstandenen Inhalte unabhängig vom Willen Dritter einsetzen möchte, sollte sich mittlerweile ebenso herumgesprochen haben.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf den folgenden Artikel hinweisen, der über ein EU-Projekt zur Archivierung von Computerspielen berichtet. "Keep" soll aber nicht die reinen Daten archivieren, sondern es sollen Emulatoren entwickelt werden, mit denen diese Inhalte unabhängig vom Vorhandensein zeitgenössischer Hardware- und OS-Umgebungen genutzt werden können.

Nun, es wäre schade, wenn dieses Projekt unnötigerweise das Rad neu erfindet. Es gibt bereits tonnenweise Emulatoren für (fast) jede alte Hardware, für (fast) jedes alte Betriebssystem. Idealerweise sollte man also auch vorhandene Emulatoren sammeln, archivieren und klassifizieren. Oder gar Emulatoren-Standards schaffen, an denen sich künftige Emu-Entwickler orientieren können. So weit, so gut ...

Was mir in diesem Zusammenhang aber vorschwebt, ist nicht nur die Bereitstellung einer technischen Infrastruktur, sondern tatsächlich die Schaffung einer großen Software-Bibliothek, wie es sie derzeit nur in Form diverser Abandonware-Seiten gibt, die ausnahmslos alle in der rechtlichen Grauzone des "Nicht ausdrücklich erlaubt, aber auch nicht explizit verboten" operieren. Wovon ich in diesem Zusammenhang naiverweise träume, ist eine Liberalisierung des Urheberrechts, die es ermöglicht alte Software (sagen wir, älter als 15-20 Jahre) automatisch in eine solche digitale Bibliothek zu überführen, ohne dass dafür extra die Erlaubnis des ursprünglichen Rechteinhabers eingeholt werden muss. Und jeder Mensch mit einem Internet-Anschluss und (meinetwegen) einer Bezahlmöglichkeit kann sich dann gegen eine geringe Gebühr (wenn's denn sein muss) aus dieser Bibliothek bedienen. Aus reinen Freizeitgründen, aus Forschungsgründen oder als Inspiration für die Entwicklung eigener, neuer Software.

Doch leider existiert diese Traumwelt nur in meiner Vorstellung, nur in meinem Kopf. Da draussen, in der Wirklichkeit, wehren sich die kommerziellen Rechteverwerter mit allen Kräften gegen jedwede Liberalisierung des Urheberrechts, wollen dies sogar derart drastisch verschärfen, dass, sollten sie ihren Willen bekommen, künftige Generationen bitter beklagen werden, welche unersetzlichen Kulturgüter auf Grund dieser kurzsichtigen, rein von Profit und Gier getriebenen Handlungsweise verloren gingen.

Gut, man mag einwenden, dass irgendeine banale Teenie-Klamotte, ein belangloses Hupfdohlen-Liedchen oder ein 08/15-Spiel aus der industriellen Bandfertigung der Major Publisher nicht gerade künstlerisch oder gesellschaftlich wertvoll sind. Nein, sind sie nicht. Die Menschheit wird es verschmerzen können, wenn diese Werke nach Ablauf ihrer kommerziellen Lebensdauer für immer vom Antlitz der Erde verschwinden.

Aber sie sind dennoch Teil unserer Kultur, Teil dessen, was unsere Gesellschaft ausmacht. Und es wäre höchst bedauerlich, wenn wir unsere Gegenwart, unser Sein, nicht in die Zukunft retten können, weil es für einige wenige unter uns nicht profitabel genug ist ...