Dienstag, 12. Februar 2008

Entschleunigung

Eine mögliche Antwort auf das Tempo, mit der das Industrie- und vor allem das beginnende Informationszeitalter unser aller Leben durchdringt, liegt in einem bewussten, anderen Leben, welches nicht von beruflichem Leistungsdruck und privatem Freizeitstress geprägt ist. "The Simple Life", wie man es gerne als Sammelbegriff verwendet, erfreut sich immer größerer Beliebtheit, je schneller und hektischer unser Leben wird.

Zwar könnte man jetzt meinen, dass gerade Computerspiele sich mit ihrem dynamischen und adrenalingeschwängerten Gameplay mit solchen Lebensentwürfen beißen, aber es ist zumindest uns nichts Neues, dass Computerspiel nicht gleich Computerspiel ist. Ein gepflegtes Adventure, das kontemplative Meditieren über ein bestimmtes Rätsel in einem Myst-Spiel, Hektik ist hier ein Fremdwort. Mir persönlich schwellen zwar die Halsschlagadern an, wenn ich nach einer Stunde immer noch ratlos diverse Screens abklappere, aber das ist eine andere Geschichte ...

Unfreiwillig zu dieser Art "langsamer Spiele" zählen auch Titel, deren Ladezeiten so immens lange andauern, dass sie den Spieler geradezu zwingen, sich in Ruhe zu sammeln und gemächlich über die Eigen- und Besonderheiten des Ladebildschirmes nachzudenken. Der Rekordhalter für die Art von Zwangsentschleunigung ist zumindest für mich derzeit "The Witcher". Schlägt selbst Gothic 3 um Längen.

Diverse Empfehlungen und durchaus begeisterte Meinungen führten dazu, dass ich mich vor einer Weile entgegen erster Zurückhaltung doch etwas näher mit diesem Titel beschäftigt habe.

Gesagt, getan, installiert, gepatched (ja, der aktuelle Patch, der das Spiel schneller machen soll) und das Spiel gestartet. Das Hauptmenü war schnell erreicht und erfreut sah ich, dass "The Witcher" offenbar der Meinung war, dass mein Rechner adäquat genug ist, um in den Graphikoptionen per Default fast alle Werte auf Maximum zu stellen. Yay! Ich beginne ein neues Spiel ... und nach ca. FÜNF (in Zahlen: 5) Minuten schien der Ladevorgang endlich beendet zu sein. Ich verkloppe die ersten Gegner und laufe bei sehr hübscher Optik erstaunlich flüssig durch prächtige Level. Soweit, sogut! Könnte was werden, zwischen mir und The Witcher.

Dann wird jedoch relativ schnell ein neuer Kartenabschnitt geladen. Ich warte diesmal nur ca. 3 Minuten, was sich im weiteren Spielverlauf als durchschnittliche Ladedauer etablieren wird. Nach etwa einer Stunde Spielzeit (plus ca. 15-20 zusätzliche Minuten eingehender Betrachtung des Ladebildschirmes) reicht es mir dann. Ich entschleunige das Spiel noch stärker, in dem ich es von der Platte lösche und wieder bei eBay einstelle.

Meine Güte ... ich bin zwar in gewisser Weise ein Anhänger des "Simple Life"-Prinzipes, aber das geht mir dann doch etwas zu weit. Wenn ich sinieren und/oder meditieren will, dann unternehme ich ausgedehnte Spaziergänge oder hocke mich auf die Matte. Wenn ich aber zocken möchte, dann muss das zackzack, huschhusch über die Bühne gehen und mein Inner-ADHS-Child ansprechen ;-)