Das Ende von EA!!111elf! (?)
Die Meldung, dass EA erneut kein sonderlich berauschendes Quartal hingelegt hat und nun sogar wegen der Verschiebung von lediglich zwei Titeln, die ich jetzt nicht unbedingt als potentielle Super-Seller bezeichnen würde (Bad Company und Mercenaries 2), die Prognose für das laufende Geschäftsjahr gesenkt hat ...
... hätte vor einigen Jahren vielleicht noch das übliche, schadenfrohe Grinsen und Händereiben ausgelöst. Ok, ein klein wenig schadenfroh bin ich immer noch, aber viel Häme ist nicht mehr vorhanden. Es ist ja nicht so, dass EA kurz vor dem Bankrott steht. Man leidet nur auf sehr hohem Niveau :)
Dennoch ist es interessant zu beobachten, wie der einstige, unangreifbar erscheinende Branchengigant seit zwei, drei Jahren immer heftiger ins Straucheln gerät, obwohl EA nichts weiter macht, als die übliche Erfolgsstrategie zu verfolgen:
- zugkräftige Lizenzen einkaufen und hübsch verpacken
- jedes Jahr nur dezent veränderte Sportspiel-Neuauflagen veröffentlichen
- grundsätzlich sehr viel Wert auf eine hübsche und hochwertige Verpackung zu legen
- massives, umfangreiches und professionelles Marketing
Warum aber klappt das nicht mehr? EA neuer CEO, John Riccitiello, ist durchaus auf der richtigen Spur, wenn er die mangelnde Qualität vor allem der Eigenproduktionen beklagt. Aber ist Qualität alleine der ausschlaggebende Faktor? Wichtig, ja, aber ist da noch mehr?
Seitdem ich einen Teil meines Lebensunterhaltes mit dem Vertrieb von Computerspielen verdiene, ist mir immer klarer geworden, wie wechselhaft und voller Risiken dieses Geschäft ist. Was gestern noch für hervorragende Umsätze gesorgt hat, verursacht heute nur noch stapelweise unverkäufliche Restposten und morgen ist plötzlich etwas gefragt, was man überhaupt nicht auf der Rechnung hatte. Wer mit Spielen Geschäfte machen will, muss sich darüber im Klaren sein, dass er auf Gedeih und Verderb von dem ständig wechselnden, wankelmütigen Geschmack der Kundschaft abhängig ist. Weil man hier keine Kühlschränke oder Brötchen verkauft, sondern reine Luxusprodukte, deren Erwerb unmittelbar mit den Emotionen zusammenhängt, die der Kunde mit dem Produkt verbindet.
"EA Sports, it's in the game!" Alleine dieser Spruch hat bei vielen Leuten jahrelang freudige Erregungsschauer die Wirbelsäule entlang jagen lassen. Schöne Erinnerungen an die Vorgänger, Vorfreude auf den neuen Teil! Der Kauf von EA-Spielen war jahrelang ein Nobrainer, ein Muss. Jetzt jedoch, für was stehen heute EA-Spiele? Langweilige Hochglanzblasen ohne Inhalt. Perfekt produziert, aber eben langweilig! Es gibt nichts schlimmeres für einen Publisher, wenn der Kunde davon überzeugt ist, dass die eigenen Produkte langweilig sind. Spiele sollen aber unterhalten und anregen. Spiele können gerne qualitativ unterdurchschnittlich sein, sie dürfen aber niemals, NIEMALS LANGWEILIG SEIN! Das größte NoNo eines Spieles überhaupt!
John Riccitiello, die Spiele Deiner Firma sind qualitativ durchaus in Ordnung. Ein NfS Pro Street kommt geleckt und gediegen wie immer daher. Ein SimCity Societies reiht sich nahtlos in die saubere und handwerklich perfekte Machart aller Sim-Produkte ein. Warum bekommen dann diese Titel aber vergleichsweise schlechte Wertungen und sind nicht mehr so profitabel wie ihre Vorgänger? Ganz einfach, sie sind langweilig!
EA trifft nicht mehr den Nerv der Kundschaft. Die Karawane ist weitergezogen, zu neuen Oasen mit anderen Geschmäckern von Wasser und Kokosnüßen. Wer da nicht mitzieht, der bleibt zurück!
PS: Ich muss allen Ernstes John Riccitiello ein großes Lob aussprechen. Nicht nur, dass der Mann scheinbar zu Selbstkritik fähig ist, nein, er ist wirklich auf dem richtigen Weg. Er sucht nicht die Schuld bei anderen, bei "Raubkopien" oder dem phösem Internet, sondern er hat gemerkt, dass die Kunden mittlerweile ihr Geld woanders ausgeben. Es anderen Publishern geben. Es für andere Spiele ausgeben. Er hat gemerkt, dass die eigenen Produkte nicht gut genug sind. Und er gibt dies auch noch öffentlich zu. Wow! Ehrlich, ich bin wirklich erstaunt, soviel Durchblick und gesunden Menschenverstand so weit oben in der Hierarchie vorzufinden ;)