Es kommt zusammen, was zusammenkommen muss, als ob man sich abgesprochen hätte :)
Nachdem mir bei den Äusserungen des CoD4-Entwicklers der Kragen geplatzt ist und ich gestern das dringende Bedürfnis hatte, meine Gedanken dazu ungefiltert, "as they happen", niederzuschreiben, so bin ich beim Thema "Gebrauchtspiele vs. Neuware" doch relativ ruhig und gelassen. Vermutlich, weil das Ausmaß der von der Industrie dazu abgesonderten Bullenscheisse mir noch nicht zum Hals raushängt. Nach meinem Eindruck hat sich die Industrie, auch wenn sie es ÜBERHAUPT nicht mag, mehr oder weniger damit abgefunden, dass sie mit Gebrauchtspielen leben muss und der Gesetzgeber (zum Glück) keinerlei Anstalten macht, diesem Verbraucherrecht einen Riegel vorzuschieben. Zumindest weiß ich von keinen Bestrebungen, den sog. Erschöpfungsgrundsatz (und seine internationalen Äquivalente) aufzuweichen oder gar aufzuheben.
Grundlage des heutigen Postings ist folgende, gestrige News auf 4players. Hier sagt der Chefredakteur eines Spiele-Magazines, dass Gebrauchtspiele ein Problem für die Publisher darstellen. Das sei ein gigantischer Markt, an dem die Urheber nichts verdienen, von dessen Umsätzen sie keinen Cent sehen, der sogar die Umsätze mit Neuware bedroht.
Nun, das ist nichts neues. Der Gebrauchtmarkt war und ist den Publishern seit jeher ein Dorn im Auge. Anstatt sich neue Spiele zu kaufen, strömt die Kundschaft zu Gamestop, zu eBay, zu Amazon. Schlimm, nicht?
Schaue ich aber in andere Branchen, in die Automobil-Industrie, zu den Herstellern von teureren Haushaltsgeräten wie zB. Waschmaschinen, so kann ich nur feststellen, dass man dort überhaupt keine Probleme mit Gebrauchtwagen oder Gebrauchtgeräten hat. Automobilhersteller betreiben selber Gebrauchtwagen-Filialen (mein erstes Auto habe ich als Gebrauchtfahrzeug bei einer offiziellen VW-Niederlassung gekauft), jeder von einem Hersteller offiziell lizensierte Elektrohandel nimmt Dir selbstverständlich eine alte Waschmaschine ab und schreibt Dir beim beim Kauf von Neugeräten etwas gut, solange das alte Gerät noch funktioniert. Weil die Jungs das Teil nämlich kurz überholen und dann als Gebrauchtmaschine in den Verkaufsraum stellen. Von der Maschinenbaubranche, die nur deswegen floriert und gedeiht, weil immer mehr Firmen und Kunden dazu übergehen, ihre alten Anlagen weiterzuverlaufen, damit man sich notwendige Investitionen in neue Anlagen eher leisten kann, gar nicht zu reden.
Software-Publisher hingegen ... boy, oh boy!
Auch bei diesem Thema regiert Gier, Dummheit, Kurzsichtigkeit und der Kampf gegen die eigene Kundschaft. Anstatt sich an diesen Markt selbst zu beteiligen, eigene Plattformen aufzuziehen oder dem Käufer gegen Vorlage/Abgabe des Vorgängers einen Bonus auf den Erwerb eines Nachfolge-Spieles zu gewährleisten, wird einfach stur jedem Käufer der volle Preis abgeknöpft. Anstatt selber in diesen Markt zu gehen und Möglichkeiten zu suchen, selber daran zu verdienen, herrscht in den Chef-Etagen vieler Publisher immer noch die Meinung vor, dass direkt nach Kopien Gebrauchtspiele ein großes, großes Übel sind, welches man bekämpfen muss.
So dringen immer wieder Gerüchte nach draussen, dass man auf verschiedenen Wegen den Handel mit den eigenen Spielen verbieten lassen will. Zuletzt war das Sony, die angeblich in England Händlern gegenüber derarige Andeutungen gemacht haben. Ich selbst habe in einem Fahrstuhl den kurzen, aber durchaus heftigen Ausbruch eines Producers erlebt, für den der Gebrauchtmarkt via eBay sich kaum von Diebstahl unterscheidet ... ja, es war ihm Ernst damit.
Schaut man sich hingegen die Gesamtentwicklung der Branche an, so ist nur festzustellen, dass die Umsätze weltweit Jahr um Jahr ansteigen! Jahr um Jahr wird mehr Geld verdient! Jahr um Jahr mehr verkauft! Mit NEUWARE! Der ebenso stetig wachsende Gebrauchtspiele-Markt ist direkt damit verbunden und verantwortlich zu machen. Denn kaufe ich ein Spiel und kann/darf dieses nicht mehr weiter verkaufen, so ist meine Kaufkraft für alle Zeit gebunden, bis sie auf Grund des schnellen Wertverlustes bei Software ruckzuck verschwunden ist. Ich kann das mir zur Verfügung stehende Geld aber nur einmal ausgeben. Mir steht nicht automatisch mehr Geld zur Verfügung, nur weil es ein größeres Angebot gibt. Ich will aber diese neuen Spiele. Also verkaufe ich die alten Titel solange sie noch etwas wert sind und habe dann wieder die Kaufkraft, um mehr (!) neue Titel zu erwerben, als mir dies ohne (!) den Gebrauchtmarkt möglich wäre.
Jetzt könnte man sagen, dass dann natürlich niemand mehr Neuware kauft, weil sich alle auf Gebrauchtware stürzen. Dass jeder Gebrauchtkauf im Grunde ein verlorener Neukauf ist. Ja, könnte man. Ein Blick in die Umsatzzahlen der zB. letzten 10 Jahre zeigt aber neben dem Aufstieg von zB. eBay auch ein enormes Wachstum beim Umsatz mit neuen Spielen. Da ist keine Delle, kein Knick, kein Rückgang zu sehen. Simple volkswirtschaftliche Überlegungen und der Blick in andere Branchen lassen nur den Schluss zu, dass es ohne florierenden Gebrauchtmarkt keinen florierenden Umsatz mit Neuware geben kann. Die dem Kunden zur Vefügung stehende Kaufkraft ist nunmal endlich!
Es werden aber noch viele Jahre ins Land gehen, bis man in der Software-Industrie erkannt hat, dass der Gebrauchtmarkt keine Gefahr darstellt, sondern notwendig ist. Dass man sich besser an diesem Markt beteiligen sollte, anstatt ihn zu bekämpfen oder versucht ihn über den Umweg digitaler Vertriebswege à la Steam auszuhebeln, weil hier rein juristisch der Erschöpfungsgrundsatz nicht mehr gilt. Der Handel mit Steam-Accounts ist seitens Valve nicht erlaubt. Wer jedoch einen Blick zB. in diverse Ab18-Handelsplattformen wie Xjuggler wirft, der wird feststellen, dass dies den Kunden sch...egal ist. Da wird selbstverständlich mit Steam-Accounts und deren Inhalten gehandelt. Weil der Kunde eben nicht endlos Geld hat und die via Steam erworbenen Spiele wieder zu Geld machen möchte, wenn sie durchgespielt sind.
Um sich mit einem neuen Account wieder neue Spiele auf Steam zu kaufen ... was denn sonst? :)