Der Wind dreht sich
Was dem deutschen Tugendwächter und Moralapostel sein Counter-Killer-Strike ist, das ist dem Tugendwächter und Moralapostel in den Staaten derzeit sein "Mass Effect".
??? Mass Effect ???
Ja, richtig, Mass Effect. Ein an sich vollkommen harmloses Rollenspiel aus dem Hause Bioware ist in den USA momentan Lieblingsprügelknabe der handelsüblichen Kulturpessimisten aus dem rechten Lager. Doch der Reihe nach.
Zuerst meinten die Behörden in Singapur, Mass Effect wegen unzüchtigem Alien-(harrr)-Lesbian-Sex verbieten zu müssen. Davon nahm man jedoch schnell wieder Abstand. Ein Strohfeuer, möchte man meinen. Irgendein obskures Detail, welches eines Tages in der Triva-Sektion bei Mobygames oder dem entsprechenden Wikipedia-Eintrag zu finden sein wird. Weit gefehlt, die Welle der Empörung schwappte über den Teich ...
Zuerst warnt ein konservativer Nachrichtendienst Eltern ihre Kinder "Mass Effect" spielen zu lassen. Richtig, wegen dieser einen einzigen ominösen Sexszene, die im Grunde nur in der Vorstellung des Spielers stattfindet. Da ist kein Nippel zu sehen, keine primären oder sekundären Geschlechtsorgane, menschlich oder alienesk. Egal, Fakten stören nur, wenn doch der hehre Kreuzzug gegen alles Böse jedes Mittel rechtfertigt. Dann folgt der nächste, von keinerlei Fachwissen oder Kompetenz bezüglich des Spieles getrübte Aufschrei.
Doch hier beginnt sich nun so allmählich der Wind zu drehen. Das Internet verhindert zwar keine Lügen und erst Recht keinen Dummschwatz, aber zum ersten Mal in der Geschichte der Menscheit (so scheint es zumindest), ist es möglich den derbsten Lügen und dem größten Dummschwatz effektiv entgegenzutreten. Der oben erwähnte Kolumnist sieht sich auf Grund massiven Protesten genötigt eine Entschuldigung seinen Lippen abzuringen. Davon unbeeindruckt tobt die Schlacht gegen üble Pornographie in jugendverderbenden Computerspielen nun auch auf Fox News, dem besten Beispiel für die besonders in den Staaten ausgeprägte Bigotterie und Doppelmoral, für die sich im Grunde jeder gläubige Christ schämen sollte.
Doch kein Grund zu verzweifeln. Wie gesagt, das Internet ist eine der besten und einflussreichsten Erfindungen seit dem Rad oder dem Buchdruck. Der Wind dreht sich ...
Die auf Fox interviewte Psychologin hat diverse Bücher veröffentlicht. Bücher, die unter anderem auch über Amazon erhältlich sind. Nun ermöglicht Amazon dem geneigten Besucher seiner Webseite, die dort gelisteten Waren und Produkte zu bewerten und zu kommentieren. Was im Falle dieser Bücher dazu führt, dass mittlerweile knapp 85% aller dort zu lesenden Reviews die niedrigstmögliche Wertung und entsprechend negative Kommentare aufweisen.
Um es mit den Worten einer gelben Zeichentrick-Figur zu sagen, die ironischerweise ihre Auftritte ebenfalls bei Fox hat:
"Ha Ha!" :)