Sonntag, 20. April 2008

GähnTA

Jaja, GTA IV erscheint bald und jeder 12-18-jährige, männliche Teenager darf sich wieder so toll erwachsen vorkommen, wenn er *kicher, hihi* Nutten aufreissen und den toughen Street-Guy geben kann. Zugegeben, dieser erste Satz gibt bereits einen kleinen Hinweis auf meine grundsätzliche, nicht ganz unvoreingenommene Haltung zur GTA-Serie. Sprich, ich kann nicht viel mit der Hysterie um diese Spiele anfangen. Obwohl es eigentlich recht gut begonnen hatte und der erste Eindruck ein ganz erstklassiger welcher war ...

*flimmer* *rückblende*

Vor einigen Jahren wollte ich doch auch mal GTA spielen. "Vice City" war gerade erschienen und löste bei Gamern allseits das Kreisch-Äquivalent zu einer Konzert-Halle voller minderjähriger Take That-Girlies aus. Also habe ich mir GTA 3 besorgt, ein wenig mit der Länderkennung meines OS herumgespielt (wenn schon, dann bitte die volle Ladung) und das Spiel gestartet.

Um sogleich von einem erstklassigen Intro fast aus den Socken gehauen zu werden. Wow! Stylisch, perfekt das 70er-Shaft-Kojak-Strassen von San Franzisko-Image nachahmend, untermalt von einem dumpfen, treibenden Bass-Beat. Einfach nur: Wow!! Die nächsten Stunden war ich hin und weg. Ich hatte tatsächlich das Gefühl, als kleiner Underdog um die Häuserblöcke eines schmierigen, heruntergekommenen Stadtteils in einem Pseudo-New York einer Pseudo-70er-80er-Dekade zu laufen. Ich bin mit Autos wild durch die Gegend gebrettert, habe versucht mit Bussen und großen LKWs möglichst weite und abstruse Stunt-Jumps hinzulegen und bin, ganz österlich, brav auf die Suche nach all den versteckten Päckchen gegangen. SandBox-Gameplay, wie es nicht besser sein könnte. (Factsheet: GTA 3 hat das Sandbox-Gameplay NICHT erfunden, wie es immer wieder gerne kolportiert wird. Diese Ehre gebührt "The Elder Scrolls: Arena" aus dem Jahre 1994).

Alles war gut ... bis ich den Fehler beging, die nur leicht angekratzte Story und "Kampagne" weiterzuverfolgen. Denn das war der mit Abstand schlechteste Part des Spieles. Also nicht einfach nur weniger gut als der Rest des Spieles, sondern so richtig schlecht! Nicht unbedingt wegen der Story oder ihrer Präsentation. Die war in Ordnung und hätte so auch gut in jeden Mafia-B-Movie gepasst. Nein, es waren die Missionen der Kampagne, in denen die Entwickler jeden, aber auch wirklich JEDEN Aspekt ihrer offenen Sandbox-Welt über den Haufen geworfen haben. Denn es gab viel zu viele Missionen, die nur zu schaffen waren, wenn man sich strikt an die Vorgaben der Gamedesigner gehalten hat. Wie zum Beispiel die Mission, in der man die Mitglieder der "Familie" mit einer trägen Limousine einsammeln musste, um sie zur Villa des hiesigen Paten zu bringen, derweil die chinesische Mafia-Konkurrenz einen Gegenschlag startet. Ich habe etwa ein dutzendmal versucht, mit der Limo den Chinesen zu entkommen. Zig Routen ausprobiert. Irgendwann ausgestiegen und ein wildes Feuergefecht gestartet, um die Anzahl der Gegner zu verringern, was angesichts zunehmender Massen an Polizei und endlos spawnender Chinesen auch keine gute Idee war. Irgendwann habe ich dann doch einen Walkthrough bemüht und die EINZIG mögliche Art und Weise diese Mission zu schaffen, nachgelesen, die darin bestand die Limo an das Anwesen aus einer ganz bestimmten Richtung rückwärts anzufahren, so dass man gleich nach der getriggerten Cutscene schnell genug eine kleine Gasse herunterfahren konnte, um der Limousine den notwendigen Vorsprung gegenüber den aufgemotzten Formel 1-LKWs der Triaden zu verschaffen.

Oder die Mission, in der man Chauffeur für die Braut des Paten spielen durfte, vor der Disko auf sie warten musste. um sie dann vor der anrollenden Polizeirazzia zu schützen. Habe ich zu weit entfernt gewartet, war die Mission verloren, bzw. wurde der Trigger nicht ausgelöst. Habe ich direkt vor der Disko gewartet, war die Mission auch verloren, weil die Polizei mit Lichtgeschwindigkeit alle Ausfahrten blockiert hat und die Limo nicht gerade ein wendiges, schnelles Geländefahrzeug ist. Nach dem x-ten Versuch, nur per Zufall, als ein Polizeifahrzeug beim Heranrasen mit den normalen Strassenverkehr kollidierte, tat sich eine Lücke auf, die ich mit letzter Kraft ausnutzen konnte.

Sprich, so toll das offene Gameplay auch war, so spassig es war die diversen Radiosender durchzuschalten, die Stadt zu erkunden oder alle Fahrzeuge auszutesten, die Kampagnen-Missionen waren (in Verbindung mit dem dämlichen Speichersystem) oft so schrecklich, dass ich kurz davor war, das Spiel aus dem Fenster zu werfen. Und als ich dann die zweite Insel freigeschaltet hatte, war auch der Reiz des Sandbox-Gameplay dahin. GTA 3 wurde schlagartig langweilig und landete in den Untiefen der Software-Gruft, in der es heute noch ruht.

Und wenn ich all die Wutausbrüche mitbekomme, wenn Leute mit geschwellten Halsschlagadern von aberwitzigen Missionen in Vice City oder San Andreas berichten, die auf Grund der sub-optimalen Steuerung eines Gefährtes (Helikopter anyone?) oder Unmassen von Gegnern kaum zu schaffen sind, so muss ich mich Chris Kohler anschliessen, wenn dieser in seinem Artikel "Confessions of a Grand Theft Auto Virgin" fragt, ob denn überhaupt jemand jemals GTA in Form der Story-Missionen durchgespielt hat?