Montag, 5. November 2007

Gewinner und Verlierer

Ein kleiner Kommentar zu dem Paradigmenwechsel in meinem Kauf- und Konsumverhalten:

Einer meiner ersten Beiträge in diesem Blog behandelte die Dauerauseinandersetzung zwischen PC-Nerds und Konsoleros. In anderen Beiträgen und Kommentaren drehte sich alles um die Frage, ob denn der PC als Spieleplattform "tot" sei. Konsoleros jubeln angesichts neuer Umsatzrekorde und Projekte, die einstige Vorzeige-Studios der PC-Landschaft nun exklusiv für eine Konsole entwickeln. PC-Nerds grämen sich und verstehen die Welt nicht mehr, weil alle Welt scheinbar infantil und dumm geworden ist. Man diskutiert sich um die Frage die Köpfe heiss, wer denn gewonnen und wer denn verloren hat. Sind Konsolen die Spieleplattform der Zukunft? Wird der PC nur noch zum reinen Arbeitswerkzeug degradiert?

Nun, ich vermag diese Frage nicht zu beantworten. Ich kann nur sagen, wer definitiv jetzt schon gewonnen hat und wer wahrscheinlich verlieren wird.

Gewonnen hat eindeutig: ICH!

Ich habe mich im Laufe der Jahre frei gemacht von dem Drang alles Neue sofort haben zu müssen. Ich kann mittlerweile erkennen, ob man mir ein faires Angebot macht oder ob man mich über den Tisch ziehen möchte. Ich kann warten. Ich bin zwar nicht unbedingt ein besserer Mensch geworden, aber ich bin mündig geworden. Ich lasse mich nur noch selten verarschen. Und wenn es jemandem gelingt, so merke ich das mittlerweile :) und reagiere darauf sehr nachhaltig und konsequent.

Das betrifft nicht nur den Bereich Spiele und Unterhaltungsmedien, sondern im Grunde jeden Bereich meines Lebens. Ich als Halb-Schwabe bin, wie die Sage geht, mit 40 wohl endlich erwachsen geworden. Aber zurück zu Spielen.

Wie äussert sich diese, hmm, Emanzipation nun. Bastele ich mir Plakate und ziehe vor dem Deutschland-Hauptquartier von EA oder Microsoft lautsprechend meine Protestrunden? Nein, viel gemeiner. Und viel schlimmer. Ich entziehe all diesen Firmen genau das, was sie am dringensten von mir haben wollen ... mein Geld! An mir verdienen diese Firmen solange nichts mehr, solange ihr Angebot nicht meinen Vorstellungen entspricht. Nun, Nicht-Zocker mögen jetzt milde und herablassend lächeln und den Kopf über diese Kellerkinder schütteln, die solche elementaren Grundsätze erst jetzt entdecken. Aber man darf dabei nicht vergessen, dass Computerspiele ein in hohem Maße emotionales Produkt sind. Da wird, im Gegensatz zu Waschmaschinen oder Flaschenöffnern, nicht mit dem rationalen Verstand eingekauft, sondern oftmals aus einem Impuls heraus. Weil man Spiel XYZ unbedingt haben muss. Deswegen können sich Publisher und Hardware-Hersteller über Jahre hinweg auch Klöpse leisten, die in anderen Branchen nicht denkbar wären.

Mir ist das mittlerweile egal, was Firmen wie Microsoft, was kundenverklagende deutsche Firmen, was vom Kopierschutz bessesene Publisher wie Take2 so treiben. Ich kaufe Euren Kram nicht mehr! Ihr seht von mir kein Geld mehr.

Denn die Verlierer ... die seid Ihr!

Wenn es einen Hauptverantwortlichen für die weltweiten Umsatzrückgang bei PC-Spielen gibt, dann sind das nicht die phösen, phösen Raubmordneonazikinderficker-Kopierer, sondern das ist die Industrie selber. Weil sie in ihrer Gier und ihrer kurzsichtigen, paranoiden Denke vergessen haben, dass der Kunde ihnen gegenüber NICHT zum Umsatz verpflichtet ist. Umsatz lässt sich nicht erzwingen. Jede Zwangsmaßnahme, jede Restriktion, jede krude Marketingaktion führt nur dazu, dass sich der Kunde, der früher gerne und freiwillig gekauft hat, in Scharen abwendet und sich den Angeboten nähert, die ihm einen entsprechend vernünftigen Gegenwert liefern.

Es gibt viele Leute, die sich für die neuen Features interessieren, die DX10 bietet. Ich selbst bin (auch wenn man den gegenteiligen Eindruck gewinnen könnte) den versprochenen Performancesteigerungen nicht abgeneigt. Könnte schon eine nette Sache sein. Aber ich werde mir dafür kein Vista zulegen, nur weil jemand bei Microsoft vor ca. anderthalb Jahren gemerkt hat, dass der Hoffnungsträger des Konzerns nach dem Wgfall geplanter Kernkomponenten plötzlich a bisserl wenig Features hat, die man anpreisen kann. Andere sind da auch nicht gerade in Kauflaune, wenn man die neuesten Zahlen zu Vista heranzieht.

Würde sich jemand zB. ernsthaft für Bioshock interessieren, so ist dieser Person nur zu empfehlen sich eine 360 und die 360-Version von Bioshock zu kaufen. PC-User müssen sich angesichts dieses wirren DRM-Gefrickels der PC-Version von Bioshock ja nur noch verhohnepiepelt vorkommen. Nunja, sie tun es ja auch ...

Ich hatte mein Schlüsselerlebnis bez. PC-Spiele vor ca. vier Jahren mit Spellforce. Buggy like hell, katastrophaler Release-Zustand und dann auch noch ein Kopierschutz, der mir als zahlendem Kunden den Spielstart verweigerte. Die Firma Jowood wird für den Rest ihres kommerziellen Daseins von mir kein Geld mehr sehen. eBay, Bittorrent und Gamecopyworld sind meine Freunde und Wegbegleiter geworden.

Und Firmen, die meinen mit Abmahnanwälten ihre Kundschaft zum Kauf zwingen zu wollen, die bekommen auch kein Geld mehr. Seien es eine Reihe deutscher Publisher oder die Major Labels der Musik-Industrie.

Jungs, IHR habt verloren! Der PC als Spieleplattform mag vielleicht derzeit nicht gerade blühen, aber tot ... tot seid ihr! Ihr wisst es nur noch nicht!