Samstag, 10. November 2007

Ethik und Moral - Call of Duty 4

Call of Duty 4 ist nun erschienen und fährt aller Orten begeisterte Reviews ein, da die Machart der Spieles durchaus höchsten Ansprüchen genügt. So weit, so gut.

Doch kaum einem der Redakteure und Tester gelingt es, sich von der herrausragenden Präsentation des Spieles zu lösen. Kaum einem gelingt es, das Setting des Spieles und die kurze SP-Kampagne mit etwas Distanz und Abstand zu beurteilen oder gar nur ein paar Bemerkungen zu der Art und Weise abzulassen, wie hier Krieg präsentiert wird. Es ist nahezu durch die Bank weg vom tollsten Krieg die Rede, den man bislang auf dem Bildschirm bewundern durfte.

Dieser Mangel an Sensibilität und dieses offenkundige Tappen in die Propagandafalle eines Spieles, welches (unfreiwilllig) den "War on Terror", mit Szenen, die direkt aus einer CNN-Nachrichtensendung stammen könnten, zu einem spannenden Freizeitspass geraten lässt, stößt mir ganz übel auf. So richtig übel! Das wäre, als ob man in einer Kritik zu "Saving Private Ryan" sich in elegisch schwelgenden Tönen nur über die brachiale Anfangsequenz, der Landung in der Normandie äussert, ohne jedoch auf den Kontext und Zusammenhang dieser Szene mit dem übergeordneten Geschehen einzugehen.

Spielekritik, vor allem bei Spielen, deren Setting haarscharf auf der Linie zwischen Fiktion und Realität wandert, wie es CoD4 nunmal tut, darf meiner Meinung nach NICHT im luftleeren Raum stattfinden. Denn ansonsten würde sich ein Test von Military-Spielen jeder Art in nichts von einem Artikel im "Soldier of Fortune"-Magazin unterscheiden, in dem auch ganz objektiv die Vorzüge und Nachteile einer neuen Schnellfeuer-Kanone aufgelistet werden, ohne jedoch mit keinem Wort darauf einzugehen, dass dieses Gerät ausdrücklich nur zu dem Zweck entworfen wurde Menschen zu töten.

Es ist meiner Meinung nach mittlerweile ÜBERFÄLLIG, gerade in Zeiten, in denen mal wieder die Rede vom phösen, phösen Killerspiel ist, sich darüber zu unterhalten, wie wir als Spieler mit solchen Titeln umgehen.

Genügt es, mit einem simplen "Es ist doch nur ein Spiel!" jede Diskussion über Ethik und Moral abzuwürgen?

Ist es aber auch richtig, die Schere im Kopf anzusetzen und jedes Spiel dieser Art einfach grundsätzlich zu verdammen, ohne sich erst gar nicht mit dem einzelnen Spiel auseinanderzusetzen?

Wie gehe ich mit Spielen um, bei denen die Grenze zwischen purer Unterhaltung und aktuellem Tagesgeschehen so dünn ist, dass man leicht Gefahr läuft, sich von einer Seite in diesen realen Auseinandersetzungen vereinnahmen zu lassen?

Ich möchte in diesem Zusammenhang auf eine hochintererssante Diskussion im Foren-Thread zum CoD4-Test der 4Players hinweisen, weil hier mittlerweile jede nur denkbare Seite und Betrachtungsweise erwähnt wird. Vom typischen "Boahhh, ey. GEIL!" bis hin zu dedizierter, differenzierter Kulturkritik ist da alles vertreten.

Auch möchte ich auf die Video-Review zu CoD4 bei MTV hinweisen (die Review beginnt Mitte des zweiten Abschnittes, einfach auf "Next" klicken, das Fazit beginnt im dritten Teil), die meiner Meinung nach sehr gut mein persönliches Anliegen auf den Punkt bringt:

"Man muss sich einfach auch mal den Kopf machen, was man da spielt."

Dem ist nichts weiter hinzuzufügen.