Freitag, 30. November 2007

Die Definition von "Schwierig"

Ein Beitrag aus der Reihe "Das ideale Spiel"

Ich habe mich hier bereits desöfteren über Spiele beklagt, die keine deutlich unterscheidbaren Schwierigkeitsstufen aufweisen, bzw. selbst auf "Leicht" zum Teil immer noch viel zu schwer sind. Was mich dann dazu brachte darüber nachzudenken, was "Schwer" in einem Spiel überhaupt bedeutet. Zumindest nach meiner Vorstellung ...

- Kopfnüsse
Rätsel können in Adventures auf drei verschiedene Arten "schwierig" sein. Als da wären strikt logische Rätsel, wie es sie zum Beispiel in "The 7th Guest" zu Haufe gab. Schwierig wird es vor allem, wenn noch Worträtsel hizukommen, welche detaillierte Kenntnisse altenglischer Sprachgewohnheiten erfordern. Ins Deutsche übertragen, würde man also min. einen Germanistikabschluss in mittelalterlicher Hochliteratur haben müssen.

Dann haben wir noch Rätsel, die kreatives Denken, bzw. Denken ausserhalb der Schublade erfordern, wie dies zB. in vielen LucasArts-Adventures erforderlich ist. Die dabei aber nicht in unlogische Willkür ausarten, sondern das sattsam bekannte Klatschen der Handfläche auf die Stirn hervorrufen "Ach Gott, natürlich!!!", wenn man endlich darauf kommt oder die Lösung nachschlägt.

Und wir haben als drittes Myst-Rätsel, die scheinbar gut zu lösen sind, wenn man nur aufmerksam genug durch die Landschaft geht und jeden auch noch so kleinen Hinweis richtig kombiniert und interpretiert. "Scheinbar", weil ich hier immer kläglich scheitere und diese Aussage daher nicht nachprüfen kann :)

- Know thy units!

Gute Herausforderungen in rundenbasierten Strategiespielen basieren zB. auf dem Umstand, dass sie nur zu bewältigen sind, wenn man als Spieler a) das eigene Arsenal und seine Eigenschaften gut kennt und b) dieses dann auch sinnvoll einzusetzen weiß. Battle Isle und manche Titel aus der FiveStar-Serie von SSI (zB. Panzer General) sind hier ein gutes Beispiel für einen deftigen, aber dennoch meist fairen Schwierigkeitsgrad.

Im RTS-Bereich wäre zB. Empire Earth zu nennen, wo blindes Anrennen und Rush-Strategien nur selten zum Erfolg führen. Hier muss man sich schon Gedanken darüber machen, in welche Truppeneinheiten man investieren will, welchen Einheitenmix man in die Offensive führen möchte.

- Put him downeth!

In guten Rollenspielen sind neben Story, Questdesign und Dialogen die Kämpfe ein ganz wichtiges Feature. Vor allem die sog. Bosskämpfe in Nippon-RPGs sorgen für einen ganz erheblichen Teil des Spielspasses, wenn es den Designern gelingt nicht nur den Kampf als solchen effektvoll zu inszenieren, sondern diesen auch so zu gestalten, dass man nur mit Köpfchen weiterkommt. Chrono Trigger ist da ein gutes Beispiel für schwierige, aber nicht unfaire Kämpfe. Zwar bekommt man hier immer wieder gerne auf den Deckel, aaaaaber wer genau beobachtet und aus dem Kampfverlauf die richtigen Schlüsse zieht, der tritt beim nächsten Versuch mit genau der passenden Partyformation an, deren gut gewählte Komboangriffe der Schlüssel zum Erfolg sind. Bei westlichen Rollenspielen muss ich Neverwinter Nights lobend erwähnen, dessen Kampfsystem an Transparenz nahezu unerreicht ist und daher selbst schwere Gegner mit Beobachten, Überlegen und richtiger Zauber/Trank/Waffenauswahl gut zu schaffen sind.

- Know thy weapons, trust your keen eye!
Gute, anspruchsvolle Herausforderungen in Actionspielen oder Plattformern sind IMHO sehr selten anzutreffen. Wenn, dann äussern sie sich darin, dass man sich mit überlegtem, klugen Einsatz von Waffen oder Items das Leben äusserst erleichtern kann, bzw. in Plattformern mit guter Beobachtungsgabe, guten Reflexen und hoffentlich fehlerfreier Steuerung und Kollisionsabfrage schwierige Passagen bewältigen kann, ohne zum x-ten Male wieder von vorne beginnen zu müssen.

Man merkt an diesen Beispielen vielleicht schon, was ich unter "Schwierig" verstehe und auf welche Art und Weise "Schwierig" in einem Spiel nicht zu nervtötendem, ätzenden Rumgewürge ausarten muss. Herausforderungen sollten in sich logisch sein. Nicht grundsätzlich und allgemein "logisch", aber innerhalb des Rahmens, den das Spiel vorgibt, sinnig sein. Ich als Spieler muss von selber darauf kommen, wie es hier weitergeht, wenn ich die Funktionsweise von bestimmten Spielmechaniken durchschaut habe und sie entsprechend anwenden kann. Ganz wichtig sind hierbei auch klare Rückmeldungen vom Spiel, denn ohne solche Hinweise bleibt mir als Spieler nur stupides Ausprobieren übrig.

Und jetzt kommen wir zu, neben Kompliziertheit vs. Komplexität, dem größten Fauxpas, den Gamedesigner machen können. Anstatt sich Gedanken darüber zu machen, wie man dem Spieler eine würdige Herausforderungen bieten kann, setzt man dem Spieler viel zu oft nur Aufgaben vor, deren Bewältigung im Grunde nur eines voraussetzen:

Ausdauer und damit einhergehend eine zT. extrem hohe Frustrationstoleranz!

Sei es durch unlogische Willkürrätsel, sei es durch eine bestimmte Abfolge von genau definierten Spielzügen, sei es durch Bossgegner mit zu harten Attacken oder einen Levelaufbau mit tückischen Fallen.

Ganz üble Rätsel haben zB. die älteren Adventures "Normality" oder das seinerzeit von der Computerbild so hochgehypte "Atlantis". Extrem unlogisch, nur durch stupides Ausprobieren aller Möglichkeiten lösbar und jeder falsche Versuch führt zudem zum anschliessenden Neuladen, da die Spielfigur in den Tod geschickt wird. Grauenvoll!

Oder nehmen wir HoMM 5, den neuesten Spross der HoMM-Serie, wo man zT. nur dann weiter kommt, wenn man nach vielen Niederlagen endlich die einzig richtige Zugfolge über 10-20 Spielzüge entdeckt hat, die auch strikt und ohne jede Abweichung zu befolgen ist, will man nicht schon wieder unterliegen.

Oder nehmen wir Dungeon Siege 2, wo man die Bossgegner einfach nur sinnlos aufgeblasen hat und jeder dieser Kämpfe nach folgendem Schema abläuft: Angreifen, Sterben, die Party wiederbeleben, Hinlaufen, Angreifen, Sterben ... Hier ist nicht Köpfchen, sondern nichts weiter als reine Audauer gefragt. Stupides, langweiliges Gekloppe ohne Sinn und Verstand.

Dass Gamedesigner oft (zu oft) diesen Weg gehen, hat mannigfaltige Gründe. Zum einen sind sie einfach nur faule, inkompetente Idioten, die einen Beruf ausüben, für den sie weder Talent, Begabung, noch ein Mindestmaß an Fachverständnis haben. Zum anderen stehen den Visionen, und Wünschen des Gamedesigners technische Probleme im Wege, weil die Entwickler im Team faule, inkompetente Idioten sind. Oder das Geld geht aus, der Releasetermin wird nicht verschoben und man muss huschhusch das Spiel auf den Markt werfen.

Oder man macht es sich als hochtrabender Spielekritiker auch leicht und beruft sich auf Sturgeon's Law: " Neunzig Prozent von allem ist Mist!" :)