Das Ende des Krieges?
Der eine oder andere mag es schon mitbekommen haben. Stardock möchte mit "Impulse" ihre beiden Distributions-Plattformen zusammenführen und somit ihre Anstrengungen verstärken, dem Kunden ein stressfreies Kaufen UND Benutzen der erstandenen Software zu ermöglichen. Kein DRM, keine fehleranfällige Dauer-Online-Aktivierung und somit keine komplette Sperrung der erstandenen Inhalte, sollte Stardock eines Tages das Zeitliche segnen und die Aktivierungsserver eines Tages für immer offline sein.
Verweisen möchte ich aber nicht auf die üblichen Bla-Schwall- Sülz-Pressemitteilungen, sondern auf ein Interview mit Brad Wardell, Stardock-Gründer, welches auf Gamasutra nachzulesen ist.
Ich habe das Posting absichtlich mit "Das Ende des Krieges?" tituliert, weil sich meiner Meinung nach allmählich abzeichnet, dass immer mehr Anbieter und Publisher erkennen, wie unsinnig und selbstzerstörerisch der Krieg gegen die eigene Kundschaft ist. Wie sinnlos das donquichottische Unterfangen ist, "Piraterie" aka privates, nicht-kommerzielles Kopieren zu bekämpfen, wenn als einziges Ergebnis immer mehr Kunden verärgert entweder das Weite suchen oder sich erst Recht, gewissermaßen aus Trotz, künftig ihre Spiele für umme aus dem Netz besorgen.
Unterstützung und Anlaß für meine (je nach Standpunkt) wagemutige oder naive Spekulation, ist der Umstand, dass man für Impulse das neueste Produkt von Gas Powered Games, "Demigod", gewonnen hat. Das Pikante an diesem Deal sind dabei die Äusserungen von Chris Taylor, Chef von Gas Powered Games, der noch vor einigen Wochen den Methusalem heraushängen ließ und nach Art alter Greise, mit dem Stock wild fuchtelnd, sich bitter über all diese schrecklichen Piraten beklagt hat, die einem ja heute das ganze Geschäft vermiesen.
Gut, man könnte jetzt sagen, dass Chris ja eh keinen Einfluß auf solche Geschäftsentscheidungen hat, da sein Publisher solche Deals einfädelt. Gut, könnte man. Pikantes Detail Nummer Zwei ist jedoch der Name des Publishers der Retail-Version von Demigod: THQ!
THQ, deren Angestellte, wie zB. Michael Fitch, in der Software-Piraterie alles Übel der Welt sehen und die nach einem ermutigenden Anfang mit einem komplett DRM- und kopierschutzfreien "Company of Heroes" und "Dawn of War: Dark Crusade" leider wieder zu den klassischen Kundenbelästigungs-Systemen zurückgekehrt sind. Sinnloses, hirnloses und fruchtloses Festhalten an Weltbildern, in denen man immer noch davon ausgeht, potentielle Kunden von digitalen Luxusprodukten zu etwas "zwingen" zu können.
Deswegen halte ich "Impulse", Stardocks kommende Vertriebsplattform, für einen von vielen kleinen Schritten, die eines Tages zumindest auf Seite der Videospiel-Branche, zu einem Ende dieses unsäglichen Krieges gegen die eigene Kundschaft führen werden. Ein Ende, welches meiner Meinung nach zwangsläufig, so oder so, kommen muss, wenn irgendwann nur noch wenige Kunden bereit sind, sich ohne Gleitmittel den Allerwertesten penetrieren zu lassen. Speziell dieses Ende kann jedoch nicht im Interesse der Anbieter sein, da es nämlich ihr eigenes Ende darstellt. Einige werden stur weiter bei ihrer harten Haltung bleiben. Einige, wie zB. deutsche Publisher, werden wegen der grundsätzlichen Arschfick-Bereitschaft deutscher Kunden damit vielleicht sogar durchkommen. Der Rest der Branche wird jedoch schnell erkennen, dass es nicht darauf ankommt, den Piraten das Leben schwer zu machen, sondern letztendlich darauf, dem potentiellen und dem tatsächlich zahlenden Kunden das Leben so angenehm wie nur möglich zu gestalten.
In diesem Sinne ... schau mer mal, für welche Spiele ich eines Tages bei "Impulse" impulsmäßig Geld liegen lassen werde :)