Lieber nie als spät
Der hier diesen Post Schreibende sah sich im Frühjahr 1978 fassungslos in den klapprigen Sitz des städtischen Kinos gedrückt. Und während das Rückrat verzweifelt Halt an der Rückenlehne suchte, versuchte sich die Kinnlade in Richtung colaverklebten Fußbodens zu verdrücken, um Platz zu machen für die herabhängende Zunge, die nicht mehr ganz alleine im Schädel verweilen wollte, da die Augäpfel ihrerseits zehn Meter weiter vorne an der Leinwand klebten.
Denn dort rauschte gerade ein imperialer Sternzerstörer in nicht enden wollender Länge an mir vorbei. "Star Wars" hat damals meine Jugend ruiniert und mich endgültig vom Bolzplatz, der gesunden Landluft und freier Bewegung in die bleichen, schwarz-weißen Arme teuflischer Druckkunst getrieben. Lesen statt Laufen! Schmökern statt Schulsport! Ich habe George Lucas zuerst wie einen Heiligen verehrt. Ihn dann, als die Prequel-Trilogie begann, zumindest als Initiator dieses phantastischen Universums respektiert, um nach "Revenge of the Sith" dann doch abschliessend meinen Frieden mit ihm zu machen, ihm JarJar Binks, nervige Kinderdarsteller und peinliche Kommerz-Infantilität verziehen.
Danach wollte ich nichts mehr von Star Wars wissen. Der Kreis hatte sich nach zwanzig Jahren geschlossen. Es war genug. Die Geschichte war, wenn auch nicht unbedingt linear, zu Ende erzählt. Ich war zufrieden.
Bis eben ...
Eben liefen die letzten Sekunden des Clone Wars-Trickfilms.
Ich weiß nicht, was mich am Samstag geritten hat, als ich in der Grabbelkiste die DVD-Hülle erspähte. Vielleicht war es wieder Zeit für einen der ein-, zweimal im Jahr auftretenden Aussetzer meines Bauchgefühls. Vielleicht bin ich Opfer des Sonderangebots-Reflexes geworden, bei dem man unwillkürlich haufenweise unnützes Zeugs kauft, nur weil es sich "im Sonderangebot" befindet. Auf jeden Fall ...
... auf jeden Fall werde ich im Laufe der Woche versuchen, alle sechs Feature-Filme so schnell wie möglich anzusehen, damit ich jedwede Erinnerung an dieses Machwerk aus dem Kurzzeitgedächtnis prügeln kann, bevor sie Gelegenheit hat, sich langfristig in meine Neuronen zu brennen.
Vielleicht hätte ich mich doch ein wenig mehr mit Star Wars beschäftigen sollen, anstatt mich vor vier Jahren diesbezüglich in mediale Klausur zu begeben. Denn den einzigen Trost, den ich heute in diesem Zusammenhang erfahren habe (aus dem Nebenzimmer schallt immer noch kicherndes, sarkastisches Gelächter), habe ich diversen Kritiken entnommen, in denen diese Grütze zB. mit zu den fünf schlechtesten Filmen des Jahres 2008 gezählt wurde.
OhGottohgottohgottohgottohgottohgottohgott! Mein Hirn! HILFE!! Meine schönen Erinnerungen werden viral überflutet und drohen zerstört zu werden. Schnell! Ich muss jetzt gleich "The Empire strikes back" anschauen, damit ich nicht länger Star Wars mit diesem, diesem ... ARGHLLLLLL! in Verbindung bringe!