Donnerstag, 7. Februar 2008

Stardock und der gute Ruf

Wir erinnern uns ... als vor etwa zwei Jahren der Krieg der Publisher gegen die eigene Kundschaft den vorläufigen Höhepunkt erreichte, als Starforce an vielen Fronten auftauchte, aber letztendlich nur für viel Verdruß auf Seiten der Publisher sorgte und als Ubisoft als Folge eines drohenden Class Action Lawsuits in den USA öffentlich den Verzicht auf Starforce bekanntgab?

Und mitten in diese aufgeheizte Atmosphäre gegenseitiger wilder Beschuldigungen und Hetzparolen tauchte plötzlich ein kleiner Publisher von Nischenspielen auf und schien alle bisherigen "Fakten" bez. Raubkopien zu widerlegen. Stardock veröffentlichte "Galactic Civilizations 2" ohne Kopierschutz! Nicht aus Budgetgründen, sondern um sich bewusst "anders" zu positionieren. Was wiederum ein Angestellter der damals stark in der Kritik stehenden Firma Starforce zum Anlass nahm, um in einer Forendiskussion einen Bittorrent-Link zu "GalCiv 2" zu posten, um damit angeblich zu beweisen, dass ein Kopierschutz heute unabdingbar sei.

Erst diese Geschichte brachte Stardock und "GalCiv 2" so richtig in die Schlagzeilen. Ich behaupte, dass ein großer Teil des Überraschungserfolges, den "GalCiv 2" in den darauf folgenden Monaten ereilte, auf dem Umstand beruhte, dass man der Industrie zeigen wollte, dass sich kopierschutzlose Releases und kommerzieller Erfolg nicht ausschliessen müssen. Stardock war mit einem Schlag ein "guter" Publisher, dem man ohne Gewissensbisse sein sauer verdientes Geld geben konnte.

Nun ist seit einigen Tagen "Sins of a Solar Empire" erhältlich. Klassische Weltall-Strategie, solides Gameplay, hübsche Optik und wieder von Stardock. Und selbstverständlich wieder ohne Kopierschutz. In Foren tropfte der Sabber aus vielen Postings, der Hype war nahezu ausschliesslich selbst erzeugt, marketingfrei und Ausdruck einer immensen Vorfreude. Ein kommerzieller Erfolg scheint vorprogrammiert.

Seit einigen Tagen ist "Sins of a Solar Empire" natürlich auch als Schwarzkopie erhältlich. Und nicht wirklich überraschend beinhalten sehr viele Kommentare auf Tracker-Seiten und Warez-Boards die Aufforderung, dieses Spiel doch bitte auch zu kaufen. Weil es a) gut ist und b) Entwickler und Publisher jeden nur möglichen Cent verdienen. Weil sie die "Guten" sind! Weil sie es "verdient" haben!

Stardock verklagt keine Kunden. Stardock lässt sich nicht von Abzock-Anwälten breitschlagen, Mittäter in deren Schutzgeld-Geschäftsmodell zu werden. Stardock verärgert nicht den Kunden mit sinnlosen Spielschutz-Systemen. Stardock kümmert sich nicht um Leute, die sowieso kein Geld ausgeben wollen. Stardock vertraut (!) dem Kunden, dass dieser für gute Ware gutes Geld ausgeben wird.

Nein, ein guter Ruf alleine bringt kein Geld ins Haus. Ja, auch mit einem ruinierten Ruf lässt es sich vergleichsweise gut leben, wie man zB. an Microsoft sieht :) Wer jedoch nicht über die Marketing-Milliarden von MS oder EA verfügt, der sollte sich mit dem Gedanken anfreunden, dass es wohl besser ist dem Kunden gegenüber zu vertrauen. Und nicht in ihm einen potentiellen Dieb, sondern einen potentiellen Käufer zu sehen, den man umwerben muss. Dass dies nur wenige Anbieter so machen, hat vor allem psychologische Gründe. Angst, Paranoia und zT. willentliche Ignoranz gegenüber den sog. "Soft Factors" (der Einfluss menschlicher Emotionen) sorgen oftmals dazu, dass man nur noch kopfschüttelnd mitansehen kann, wie manche Top-Entscheider und Verantwortliche ihre Firmen in das nur denkbar schlechteste Licht rücken.

Von daher kann man Stardock weiterhin nur viel Erfolg wünschen und hoffen, dass soviel Mut und Vertrauen auch weiterhin belohnt wird!