Freitag, 22. Februar 2008

Massenmarkt

Zu dem üblichen populistischen und schwachsinnigen Käse, der in den letzten Jahren zum Thema "Computerspiele und Jugendschutz" von Politik und Medien abgesondert wurde, brauche ich wohl nicht mehr viel sagen. Ausser vielleicht, dass es anderswo noch größere Dumpfschädel und vollkommen durchgeknallte Irre gibt :)

Nein, ich will auf eher das Gegenteil hinaus. Auf all die kleinen Anzeichen hinweisen, die fern ab des üblichen Mediengeschreies zeigen, dass dieses Geblubber wirklich nur das übliche letzte Strohfeuer vor dem endgültigen Erlöschen jeglichen Widerstandes ist.

Denn die aktuelle Diskussion um Computerspiele, Killerspiele und Gewalt in Spielen hat schon seit längerem alle Merkmale für den üblichen, alle 10-15 Jahre wiederkehrenden Generationkonflikt. Waren es früher zum Beispiel ungebührlich lange Haare und diese schreckliche Beatmusik, so sind heute diese komischen Computerspiele Grund für alles Übel auf der Welt. Und zwar nicht, weil Computerspiele etwas ganz neues sind, sondern weil niemand mehr übersehen kann, dass sie mittlerweile Alltag sind. Computerspiele konnte man früher ignorieren, weil sich damit nur einige Kinder und vereinzelte Nerds beschäftigt haben. Computerspiele zu mögen und aktiv zu spielen, war Randgruppenexistenz par Excellence. Videospiele nur ein kurzes Aufflackern, das mit dem Niedergang von Atari Mitte der 80er in der Öffentlichkeit nicht mehr stattfand.

Heute jedoch, 20 Jahre später, sind Computerspiele so derart weit verbreitet, dass die Musikindustrie erhebliche Umsatzeinbrüche hinnehmen muss, weil die konsumwillige Jugend ihr Taschengeld u.a. mittlerweile großflächig in Computerspiele investiert. Und nicht nur die jungen Herren, nein, auch die Nachwuchs-Damen haben schon seit einer Weile das Computerspiel entdeckt. Zwei zugleich kichernde und hochkonzentriert mit ihrem DS spielende Mädchen, wie ich sie zB. gestern auf der Zugfahrt erlebt habe, stellen mittlerweile die Regel als die Ausnahme dar. In klassischen Lebensmittel-Supermärkten stehen immer öfters neben Erbsen, Bohnen und abgepacktem Brot, Racks mit Budget-Spielen. Aktuell werden zB. im PLUS haufenweise PS2-Spiele verscherbelt. Ein Anblick, der schon lange seinen Seltenheitswert verloren hat.

Von daher sollte man sich darüber im Klaren sein, dass a) Computerspiele kein kurzlebiger Trend mehr sind, b) sie sich neben Literatur, Theater, TV, Radio und Kino als weiteres Unterhaltungs- und künstlerisches Medium etabliert haben und c) trotz aller Restriktionen und Kontroll-Paranoia Jugendliche wie Erwachsene auch weiterhin JEDES Computerspiel in die Griffel bekommen werden. Auch wenn man angesichts diverser Hysterie-Gesetze den gegenteiligen Eindruck gewinnen könnte. Solange die Nachfrage da ist, solange wird es auch entsprechende Angebote und Möglichkeiten geben. Wie zum Beispiel Bekannte von mir, denen ich die hierzulande indizierte US-Version von "Return to Castle Wolfenstein" besorgt hatte. Zwei Wochen später nachfragend, wie es denn gefallen habe, kam die Antwort: "Leider nicht das, was ich mir vorgestellt hatte. Aber mein Neffe war der Held in der Schule, als er massenhaft Kopien davon verteilen konnte!".

Wie auch wir damals in der Schule mit Begeisterung "Beach Head" gezockt haben (welches eines der ersten in Deutschland indizierten Computerspiele war) und später zu ganz normalen Erwachsenen heranwuchsen, so werden auch diese Kinder zu ganz normalen Erwachsenen heranwachsen. Mit all den seelischen Wunden, die Beziehungsprobleme, Geldsorgen, Arbeitsstress und Alkoholismus im Laufe eines ganz normalen Erwachsenendaseins verursachen. Aber Hauptsache, man hat alles getan, um die Jugend vor "gefährlichen" Medien zu schützen!

Ich bin daher gespannt, was in 30-40 Jahren die dann ältere Generation wiederum ihren Kindern verbieten möchte. Es bleibt spannend ...