Mittwoch, 4. November 2009

Kundschaft ...

Was tut man, wenn man sieht, dass eine aufgeregt mit zwei Polizisten gestikulierende Dame zusammen mit selbigen kurz darauf die lokale Gamestop-Filiale betritt?

Man läuft drei, vier Schritte weiter, zögert kurz und schliesst sich dem Trio an. Nicht auszudenken, wenn man hier etwas verpassen könnte.

Um was es genau ging, ließ sich nicht feststellen, da ich weder der anhaltend aufgeregt gestikulierenden Dame, noch den beiden Streifenpolizisten oder gar der etwas angenervt wirkenden Verkäuferin zu nahe treten wollte, die in diesem Moment mit dem nichtsahnenden Store Manager telefonierte, um den Vertretern der Staatsgewalt die korrekte (private???) Wohnanschrift des Store Managers zu nennen. Auf dem Tresen stand jedoch ein PS3-Karton samt in den Lasche eingeklemmter Rechnung. Die aufgeregt gestikulierende Dame textete derweil den anderen Polizisten mit den Worten "Straftat" und "Betrug" zu. Wer weiß, welch häßliche Dinge sich hier abgespielt haben, welch Traumata die Dame durchleiden musste oder welch Frechheit sich Gamestop mal wieder gegenüber dem Kunden herausgenommen hatte.

Ich verdrückte dennoch ein paar Mitleidstränen im Geiste für die bedauernwerte Verkäuferin. In solchen Situationen schlägt mein altes Kundenservice-Herz und ich muss unwillkürlich die Seite HINTER dem Tresen ergreifen, wohlwissend, mit welchen dumm-dreisten Vollidioten in der Gestalt offiziell höflich zu behandelnder Kunden man sich den lieben, langen Tag herumschlagen muss.

Doch alles Mitgefühl war vergessen, als ich im Regal die üblichen Dummy-Hüllen für Starcraft 2 sah. Im Vorverkauf. 20% Rabatt, wenn man jetzt Gamestop Geld in den Rachen wirft und dann etwa dreissig Jahre warten muss, bis Blizzard endlich geruht dieses Spiel zum Presswerk zu schicken. Tolles Angebot! Direkt neben den Vorverkaufshüllen für "Alan Wake". Ich kann ein teufliches Grinsen nicht unterdrücken, schnappe mir beide Hüllen und wandere zur Theke.

"Entschuldigung!"

"Ja?" Die immer noch mit dem Store Manager telefonierende Verkäuferin schaut gehetzt auf und schiebt instinktiv den PS3-Karton zur Seite, will das Gespräch mit Store Manager und Polizist wohl mit der Ausrede "Habe Kundschaft" beenden. Ich bin ein Miststück und antworte ...

"Oh, sorry. Nein, machen Sie hier ruhig weiter. Ich kann warten!" Schliesslich habe ich jetzt eine gute Ausrede, um näherzutreten und besser lauschen zu können.

Dummerweise kommt zum einen eine Kollegin zur Hilfe und zum anderen scheint die Polizei alle notwendigen (für was auch immer) Infos bekommen zu haben und verlässt das Geschäft. Die Dame gestikuliert nicht mehr. Stattdessen zieht sie nervös an einer Zigarette.

Nun gut. Man kann nicht alles haben.

"Ja, eine Frage. Ich sehe hier Vorbestellungen für Starcraft 2 und Alan Wake. Haben Sie denn dafür schon Releasetermine?", frage ich mich heimtückisch unwissend stellend.

"Warten Sie, da muss ich mal in den Computer schauen.", antwortet die nicht unhübsche Kollegin, mich bereits den Geldbeutel zücken sehend.

"Ja, Starcraft 2 erscheint so um den 15.11 und zu Alan Wake sehe ich hier 1. Quartal 2010".

"Hmm, 15.11 dieses Jahr? 2009?"

"Ja, der 15.11. Aber es kann sich vielleicht um ein, zwei Wochen verschieben. So genau sind diese Angaben nicht zu nehmen."

Ach, echt jetzt?

"Nein, ich wollte wissen, ob Starcraft 2 NÄCHSTES Jahr Mitte November erscheint oder steht da bei Ihnen tatsächlich der 15.11. 2009?", frage ich mit Nachdruck.

"Ähh, warten Sie ...". Verunsichert schaut die nicht unhübsche Kollegin wieder in den Computer. Konzentriert wird getippt und die Pupillen bewegt. "Ja, so um den 15.11. Also diesen November. Jetzt dann."

Fein. Gamestops Computer haben noch nicht mitbekommen, dass im Sommer (!) der Releasetermin auf vorläufig Anfang nächsten Jahres verschoben wurde. Ich will nicht wissen, wieviele Trottel gutgläubig Geld abgelatzt haben, nur um in zwei Wochen blöde im Laden zu stehen.

"Das kann nicht sein. Laut Blizzard wurde der Termin im Sommer (ich betone das Wort "Sommer" extradeutlich) auf frühestens Anfang nächsten Jahres verschoben. Nehmen Sie jetzt auch Vorbestellungen für Diablo 3 entgegen?", frage ich ironisch scherzend.

"Ähh, Diablo 3? Warten Sie, da muss ich mal im Computer schauen.", antwortet die nun etwas verwirrte, aber dennoch nicht unhübsche Kollegin und beginnt konzentriert auf die Tastatur einzutippen.

Ich habe genug vom arme, bedauernswerte Gamestop-Verkäuferin-Quälen und gebe Bescheid, dass ich doch kein Interesse habe, lieber warte, bis das Teil definitiv in den Läden steht und verlasse das Geschäft. Vor der Tür treffe ich die Dame an, wie sie immer noch mit der Polizei diskutiert.

Kunden sind ätzend. Wie schön wäre das Geldverdienen ohne Kundschaft!